Von einem unbequemen Job in den nächsten Heikles Gesundheitsressort für Hermann Gröhe

Berlin · Hermann Gröhe aus Neuss betritt Neuland: Der CDU-Generalsekretär wechselt an die Spitze des Gesundheitsministeriums – ein Job mit vielen Fallstricken.

Hermann Gröhe aus Neuss betritt Neuland: Der CDU-Generalsekretär wechselt an die Spitze des Gesundheitsministeriums — ein Job mit vielen Fallstricken.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wechselt von einem unbequemen Job in den nächsten. Für das Gesundheitsministerium gilt: Wer dieses Haus führt und dennoch nicht seine Partei damit in Umfragen nach unten zieht, hat seinen Job schon gut erledigt.

Für den Juristen Gröhe, der eine klassische Parteikarriere gemacht hat und in der CDU bestens verdrahtet ist, bedeutet die komplizierte Gesundheitspolitik Neuland. Auf diesem Feld machen mächtige Lobbys von Krankenkassen, Ärzteschaft und Pharmaindustrie jedem Minister das Leben schwer. Die Verschränkung aus Gesetzgebung und Selbstverwaltung der Akteure im Gesundheitswesen bietet zudem viele Fallstricke und ein Durcheinander in der Frage, wer für welches Problem verantwortlich ist.

Mit dem bekennenden Protestanten holt sich Merkel einen Vertrauten ins Kabinett. 2008 sprang er ein, als Hildegard Müller ihren Posten als Staatsministerin im Kanzleramt verließ. Mit Start der schwarz-gelben Bundesregierung 2009 wurde er Generalsekretär. Diesen Job, den üblicherweise die besten Sprücheklopfer in einer Partei bekommen, füllte er mit seiner besonnenen Art eher ungewöhnlich aus: Statt die Medien mit Sätzen für Schlagzeilen zu füttern, erklärt Gröhe die Dinge lieber etwas gründlicher. Lediglich bei seinen Botschaften beim Kurznachrichtendienst Twitter beschränkt sich der 52-Jährige auf das Notwendigste.

Mitgründer der "Pizza-Connection"

Fachlich war der vierfache Familienvater vom Niederrhein bislang bei den Themen Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu Hause. Zu den Grünen pflegt er seit Bonner Zeiten, als er die "Pizza-Connection" junger CDU- und Grünen-Politiker mit ins Leben gerufen hatte, sehr gute Kontakte. Nun muss er in den kommenden vier Jahren in einer schwarz-roten Koalition eine Pflegereform umsetzen, die schon zwei Regierungen vor sich hergeschoben haben. Doch dafür bekommt er Expertise auch aus Nordrhein-Westfalen: Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels und Sozialexperte Karl-Josef Laumann wird das neu geschaffene im Gesundheitsministerium angesiedelte Amt für Pflege, Patienten und Demografie übernehmen.

Ein weiteres dickes Brett hat er mit der geplanten Krankenhausreform zu bohren. Dabei wird es darum gehen, die Kliniken stärker nach Qualität zu bezahlen und mehr fachliche Schwerpunkte zu schaffen. Während der Koalitionsvertrag im Gesundheitsteil mit Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) von zwei ausgewiesenen Fachpolitikern verhandelt wurde, muss die detailreichen Vorgaben nun ein Minister umsetzen, der bislang als politischer Generalist unterwegs war.

Spannend ist die Frage, welche neuen Akzente Gröhe, der auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, bei den ethischen Themen setzt. Die schwarz-gelbe Koalition hatte sich auf eine Neuregelung der Sterbehilfe nicht verständigen können. Die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wollte lediglich die gewerbliche Sterbehilfe unter Strafe stellen. Gröhe steht nun die Möglichkeit offen, doch eine generelle Strafbewährung von Beihilfe zum Suizid durchzusetzen.

(qua)
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