Reaktion auf Geheimdienstskandal Maas: Es darf keine rechtsfreien Räume für BND geben

Berlin · Während der SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Spionageaffäre Rückgrat von der Bundesregierung im Umgang mit den Listen von US-Spähzielen fordert, will der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in Reaktion auf den Geheimdienstskandal die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes auf eine neue Rechtsgrundlage stellen.

Das ist Heiko Maas
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Foto: dpa, Hannibal Hanschke

"Wir müssen die gesamte Tätigkeit des BND einer demokratischen Kontrolle unterwerfen", sagte Maas der "Welt am Sonntag". "Es darf auch für Geheimdienste keine rechtsfreien Räume geben." Eine deutsche Behörde müsse auch deutsche Grundrechte beachten, sagte Maas. Es müsse "sehr konkret" geprüft werden, ob die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit des BND ausreichen. "Vieles spricht dafür, dass wir diese Vorgaben deutlicher formulieren müssen", sagte Maas. Der Minister forderte auch mehr Mittel für die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. "Die Forderung vieler Abgeordneter nach einer besseren Ausstattung der Gremien zur Kontrolle der Dienste ist sehr berechtigt", sagte Maas.

Als überfällig bezeichnete der Bundesjustizminister eine Reform der sogenannten G-10-Kontrolle. Dabei geht es um Daten, die dem Schutz des in Artikel 10 des Grundgesetzes garantierten Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses unterliegen. Bisher entscheidet eine vom parlamentarischen Kontrollgremium berufene G-10-Kommission, inwieweit der BND in dieses Grundrecht eingreifen darf.

Es besteht der Verdacht, dass der BND im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA auch deutsche Bürger und Unternehmen ausspionierte. Der NSA hatte dem deutschen Auslandsgeheimdienst eine Liste mit Suchkategorien - sogenannten Selektoren - übermittelt, auf deren Grundlage der BND für ihn Informationen sammeln sollte. Darunter waren offenbar auch Daten über deutsche Bürger und Unternehmen. Opposition und SPD fordern seit Tagen die Veröffentlichung der Liste der Selektoren.

Gabriel: Listen auch gegen den Willen der USA veröffentlichen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will dafür zunächst die Zustimmung der US-Regierung einholen. Angesichts des Zögerns der Kanzlerin forderte der SPD-Vorsitzende und Vizekanzler Sigmar Gabriel, die Liste notfalls auch gegen den Willen der USA freizugeben. "Wir müssen dem deutschen Parlament in geeigneter Weise Einblick in die Unterlagen des BND geben", sagte Gabriel der "Bild am Sonntag". "Da muss man als Bundesregierung auch mal Rückgrat zeigen."

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster hält es für falsch, die Suchbegriffe gegen den Willen der Amerikaner zu veröffentlichen. Es wäre nicht sinnvoll, dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages unkommentierte Listen mit den Suchbegriffen der NSA vorzulegen, sagte der Bundestagsabgeordnete am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Besser wäre es, die Amerikaner dazu zu bewegen, im Detail offenzulegen, weshalb sie wollten, dass der Bundesnachrichtendienst für sie Daten zu diesen Begriffen, IP-Adressen und Telefonnummern erhebt.

Diese Erkenntnisse könnten dann mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium geteilt werden, schlug Schuster vor, der selbst Mitglied des Gremiums ist. Er sagte: "So viel Transparenz könnten die USA vielleicht noch mitmachen." Auch ein europäischer Suchbegriff könne durch die bestehende Vereinbarung zwischen NSA und BND gedeckt sein, "wenn der Verdacht der Verwicklung in Terrorismus, Drogenhandel oder Proliferation besteht", fügte er hinzu. Seit einigen Wochen steht der Verdacht im Raum, dass die NSA den BND benutzt hat, um Politiker und Unternehmen in Europa auszuspähen.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl sprach sich ebenfalls für eine Reform der Rechtsgrundlage des BND aus, warf zugleich aber der SPD "Hysterie" vor. "Wir brauchen eine klarstellende Rechtsgrundlage für die strategische Fernmeldeaufklärung des BND", sagte Strobl der "Welt am Sonntag". "Hier sind wir zu einer zügigen Neuregelung bereit und erwarten entsprechende Vorschläge der Bundesregierung." Die gesetzliche Grundlage müsse "auch die Grenzen für den BND" beschreiben.

Allerdings kritisierte Strobl das Verhalten der Opposition und von Teilen der SPD. "Reflexhafte Vorverurteilungen ohne jedes Sachwissen helfen nicht weiter", sagte Strobl. Er rief die SPD zu einem "fairen, anständigen Umgang" in der Koalition auf. "Es geht nicht, dass die SPD von Lüge oder einer Täuschung der Wähler spricht", sagte er mit Blick auf Vorwürfe, das Kanzleramt habe vor der Wahl 2013 nicht wahrheitsgemäß über Verhandlungen mit den USA über ein No-Spy-Abkommen berichtet.

(AFP)
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