Buchpräsentation "Aus Sorge um Europa" Helmut Kohl: "Ich habe nie aufgehört, an Europa zu glauben"

Frankfurt/Main · Seine Sorge um Europa bringt Altkanzler Helmut Kohl in seinem neuen Buch zum Ausdruck. Am Montag wurde das Werk in Frankfurt vorgestellt, und niemand Geringerer als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hielt die Ansprache. Und Kohl sagte: "Ich werde immer für Europa kämpfen".

Helmut Kohl stellt neues Buch "Aus Sorge um Europa - Ein Appell" vor
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Helmut Kohl stellt neues Buch "Aus Sorge um Europa - Ein Appell" vor

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Das Buch "Aus Sorge um Europa — ein Appell" hatte bereits im Vorfeld für Aufregung gesorgt. Denn am Wochenende war bekannt geworden, dass der Altkanzler darin auch seinen Nachfolger Gerhard Schröder und dessen rot-grüne Regierung attackiert. Es ging um die Euro-Krise, um Entscheidungen, die seiner Ansicht nach zu den "Fehlentwicklungen, die wir in der EU, im Euroraum, in einzelnen Mitgliedstaaten und darüber hinaus insgesamt erleben müssen und zu Recht beklagen." "Was hier passiert ist, ist wirklich ein Schandstück deutscher Politik", schreibt Kohl in dem Buch.

Nun ist sein Werk in Frankfurt vorgestellt worden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der die Laudatio hielt, nennt es einen "feierlichen Appell" für Europa. Für Helmut Kohl sei der Euro "Friedenspolitik mit den Mitteln unserer Zeit". Kohl habe Recht, wenn aufgrund des Klein-Kleins am Rande der eigentliche Gedanke an Europa, das Friedensstiftende, zum Nebenaspekt werde.

Es ist ein Plädoyer auf Europa, das Juncker an diesem Tag in Frankfurt hält, gerade in diesen Zeiten, in denen nationalstaatliche Tendenzen sich immer mehr in den einzelnen Ländern verbreiten. Es ist aber auch ein Lob an die "umsichtige Politik" des Helmut Kohl, die die Wiedervereinigung erst möglich gemacht hätten.

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Foto: AP

"Sein Verdienst um Europa ist ein bleibender", sagt Juncker am Ende der Ansprache und fügt noch hinzu, dass der Altkanzler Recht habe, wenn er Bücher schreibe, denn "er muss sich ja die Deutungshoheit über sein Lebenswerk bewahren". Ob das eine Anspielung auf das Werk des früheren Kohl-Biografen Heribert Schwan war, gegen das der Altkanzler vorgeht, sei einmal dahingestellt.

Der Altkanzler selbst sagte über sein Buch bei der Präsentation: "Es ist ein wichtiges Buch in einer ganz schwierigen Zeit." Noch sei es nicht zu spät in Europa, betonte er. "Wir sind alle gefordert." Mit Mut und Entschiedenheit könne es vorangehen, damit Europa wieder eine Herzensangelegenheit werde.

"Ich habe nie aufgehört, an Europa zu glauben", fügte Kohl noch hinzu. "Ich war immer überzeugter Europäer und werde immer für Europa kämpfen, für Frieden und Freheit. Und zum Schluss betonte er noch: "Europa gelingt, wenn wir alle unseren Beitrag leisten."

Kohl sitzt im Rollstuhl und kann nur sehr mühsam sprechen. Der Altkanzler wurde von seiner Frau Maike Kohl-Richter zu der Buchvorstellung begleitet. Sie erklärte zu Beginn der Pressekonferenz: "Ich sage jetzt selbst ein paar Sätze, weil schon so viel Falsches über uns berichtet worden ist." Kohl habe vor sechseinhalb Jahre einen Unfall gehabt. Sie begleite ihn, um ihn - wenn nötig - zu unterstützen. Seine Geistesleistung sei aber nicht beeinträchtigt.

Kohl-Richter wird von Helmut Kohls Söhnen und einigen seiner früheren Wegbegleiter vorgeworfen, sie schotte den Altkanzler ab. Manche sehen darin den Versuch der zweiten Ehefrau Kohls, die Deutungshoheit über dessen Wirken und politisches Vermächtnis zu erhalten.

(das / felt)
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