Kanzler der Einheit Sorge um Helmut Kohl

Berlin · Um Helmut Kohl, den einzigen Deutschen seiner Generation, der Weltgeschichte geschrieben hat, steht es nicht gut. Manche sagen, es sei ernst. Der Kanzler der Einheit liegt auf der Intensivstation der Universitätsklinik Heidelberg.

 Helmut Kohl.

Helmut Kohl.

Foto: dpa, ua cul tba

Dem 85-jährigen Ludwigshafener war Anfang Mai ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt worden. Zunächst bestand Hoffnung auf Genesung und Rehabilitation in einem bayerischen Sanatorium. Doch dann soll ein schwerwiegender internistischer Rückschlag mit der Notwendigkeit einer Darm-Operation eingetreten sein. In deren Folge, so hieß es, habe sich der Zustand des Altkanzlers verschlechtert. Von einer zeitweisen postoperativen Bewusstlosigkeit ist die Rede.

Eine Bestätigung der womöglich lebensbedrohenden Lage gab es vonseiten des Heidelberger Klinikums zunächst nicht. Kohls Büro immerhin ließ mitteilen, dem Altkanzler gehe es "den Umständen entsprechend gut"; im Anschluss an die Hüft-Operation habe sich "die Notwendigkeit eines weiteren Eingriffs ergeben". Der Patient werde nach dem Klinikaufenthalt "in eine Reha gehen, die er zugleich mit Urlaub verbinden wird".

Unwillkürlich kommen einem die Worte des damaligen Erzbischofs von München und Freising und späteres Papstes, Joseph Ratzinger, vom Oktober 1988 in den Sinn. Ratzinger hatte nach den plötzlichen Tod von Kohls Freund-Feind Franz Josef Strauß gesagt: "Wie eine Eiche ist er vor uns gestanden, kraftvoll, lebendig, unverwüstlich, so schien es, und wie eine Eiche ist er gefällt worden."

Helmut Kohl entsprach in Wuchs, Wesen und seinem Willen zur Dominanz dem deutschesten aller Bäume. Aber seit dem schweren Treppensturz 2008, der ein Schädel-Hirn-Trauma mit gravierenden Artikulationsproblemen zur Folge hatte, ist der Eindruck ein anderer: Die alte Kanzler- und CDU-Eiche Kohl, in deren Nähe manch kleine und mittelgroße politische Gewächse gediehen oder zugrunde gingen, war seither geschwächt und auf den Rollstuhl angewiesen.

Mitfühlenden tat der "politische Riese" (Historiker Hans-Peter Schwarz), der schon zu Lebzeiten in die Geschichte eingegangen ist, bei dessen selten gewordenen Auftritten in der Öffentlichkeit leid.

"Eisern Vieh stirbt nie" - so überschrieb der Bonner Chronist Walter Henkels ein Strauß-Porträt. Kohls Freunde im In- und Ausland werden sich in ihrer Sorge an die geborene Kraftnatur des Kranken erinnern und hoffen, dass er auch diese Herausforderung übersteht.

Bei der Feier zu Kohls Achtzigstem hatte Bundespräsident a.D. Roman Herzog klug wägend gesagt, der Jubilar habe "das Parteiengesetz nicht erfüllt, wohl aber den Wiedervereinigungsauftrag des Grundgesetzes". Und Kohl selbst resümierte, der liebe Gott habe es in der Summe gut mit ihm gemeint.

(dpa)
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