These des Buchs "Machtmaschine" Horst Köhler trat wegen Angela Merkel zurück

Düsseldorf · Am 31. Mai 2010 trat Horst Köhler vom Amt des Bundespräsidenten zurück. Bis heute wird über die Gründe seines Rücktritts spekuliert. Ein nun vorgestelltes Buch beleuchtet die "Machtmaschine" Politik und widmet sich Köhlers Amtsaufgabe. Die These des Autors: Deutschlands mächtigste Frau zwang ihn zu diesem Schritt.

These des Buchs "Machtmaschine": Horst Köhler trat wegen Angela Merkel zurück
Foto: Heyne Verlag

Sascha Adamek hat ein Buch herausgegeben zur "Machtmaschine" in der Politik. Auf 352 Seiten versucht der ARD-Journalist eine Antwort zu geben auf die Frage, in welchem Maße in der Politik der "menschliche Makel rücksichtslos als Machtfaktor ausgespielt" wird. Dies geschehe immer häufiger, kommt er zu dem Ergebnis. Als Beispiele dienen Adamek unter anderem die zurückgetretenen Bundespräsidenten Köhler und Christian Wulff.

In seinem Werk "Die Machtmaschine - Sex, Lügen und Politik", erschienen im Heyne-Verlag, stellt der Autor die These auf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel ausschlaggebend war für Köhlers Rücktritt. Köhler habe es im politischen Tagesgeschäft an Rückhalt gefehlt. Sie, die Bundeskanzlerin, habe sich nach Ansicht des Journalisten einen gefügigen, schwachen Bundespräsidenten als Ersatz für Johannes Rau gewünscht.

Das war Köhler nicht. Er war nicht Merkels erste Wahl für die Nachfolge Raus — zumindest öffentlich. Sie fragte Wolfgang Schäuble, und hinter den Kulissen Köhler. Schäuble sagte zu, Köhler auch. Heimlich überzeugte sie den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle von ihrem Köhler-Plan. Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds passte besser in Merkels Vorstellung. Adamek schreibt, sie wollte ein "Geschöpf" an der Spitze des Staats.

Mit der Zeit wurde Köhler für Merkel aber zu einer ernst zu nehmenden Bedrohung ihres wohl präparierten Machtkonstrukts. Köhler, der unbequeme Gegenspieler, der sich in Interviews kritisch äußerte, die Führungsqualitäten der Kanzlerin und das Ansehen der schwarz-gelben Koalition infrage stellte und selbst umstrittene Äußerungen in den Raum stellte.

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus" am 22. März 2010 äußerte sich Köhler ungewohnt kritisch zu den 100 Tagen der wieder gewählten schwarz-gelben Regierung. Sie habe an Ansehen verloren. Bei der Ernennung der Bundesregierung im Oktober habe er ein paar Sätze mit Bedacht gewählt, sagte Köhler: "Ihr habt eine ordentliche Mehrheit. Das Volk erwartet jetzt tatkräftiges Regieren. Daran gemessen waren die ersten Monate enttäuschend."

Köhlers Kritik erregte Merkel. Zwischen den beiden Verfassungsorganen entbrannte ein Streit um Interessen, Macht und Einflussnahme. Die Bundeskanzlerin brüskierte den Bundespräsidenten mit der via Presseamt verbreiteten Zustimmung Köhlers zu einem Gesetz, mit dem Deutschland Milliardenkredite für Griechenland garantierte. Köhler sah sich übergangen und stimmte erst einen Tag später zu.

Wenige Wochen später sagte der Bundespräsident im Interview mit dem Deutschlandradio fragwürdige Sätze zur Außenhandelsorientierung Deutschlands. Ein Land von dieser Größe müsse wissen, "dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern."

Eine Woche später servierte Merkel Köhler ab. Der Bundespräsident fühlte sich in seinem politischen Wirkungsspielraum entscheidend beschnitten, so der Autor. "Skrupellos wird selbst intimes Wissen eingesetzt, um die eigenen Ziele durchzukämpfen", schreibt Adamek, der in Köhlers speziellem Fall Merkel meint. Ihr fehle es an Respekt für das höchste Staatsamt, unterfüttert Adamek die These von Köhlers Rücktritt.

Köhler, so Adameks Ausführungen, sei nur ein Beispiel von vielen, um Merkels Macht-Verständnis zu erklären. "Für die in Frankreich respektvoll so genannte "Madame Merkel" war jenes Jahr 2010 aber keineswegs so aufreibend, wie deutsche Kommentatoren es darstellten. Denn Madame Merkel wurde auf einen Schlag zwei lästige Kritiker ihrer Regierungspolitik los: einen innerparteilichen Widersacher und einen innerstaatlichen und überaus peniblen Korrektor ihrer Staatskunst."

Gemeint sind Hessens ehemaliger Landesfürst Roland Koch — und eben Köhler.

(nbe)
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