Scharfe Kritik aus Berlin Seehofer irritiert mit Putin-Plänen

München · CSU-Chef Horst Seehofer will Kremlchef Wladimir Putin in Moskau aufsuchen. In Berlin schütteln selbst Politiker aus der Union den Kopf. Das böse Wort einer "Nebenaußenpolitik" macht die Runde.

 Horst Seehofer (CSU) löst mit seinen Moskauer Besuchsplänen neue Sorgen in Berlin aus.

Horst Seehofer (CSU) löst mit seinen Moskauer Besuchsplänen neue Sorgen in Berlin aus.

Foto: dpa, kne lof shp nic

Der geplante Besuch von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer bei Russlands Präsident Wladimir Putin stößt auf zunehmende Kritik in den anderen Parteien. "Die Außenpolitik wird in Berlin gemacht, nicht in München", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, der "Welt am Sonntag". "Ich hoffe, dass Herr Seehofer nach seiner Reise nicht den nächsten Brief an Frau Merkel schreibt - diesmal in Sachen Russland-Politik." Seehofer will an diesem Donnerstag nach Moskau reisen.

Kritik kommt auch von der Unions-Schwester CDU. "Seehofer hat sich in der Flüchtlingsdebatte eindeutig gegen die Bundeskanzlerin positioniert - ich hoffe, dass er die Reise unterlässt", sagte Roderich Kiesewetter (CDU), Obmann für Außenpolitik in der Unionsfraktion, dem Blatt. Russland kooperiere mit rechtsradikalen Parteien, auch in Deutschland. Wenn Seehofer fahre, müsse er die Russen mahnen, die verdeckte Finanzierung von rechtsradikalen Netzwerken einzustellen, forderte Kiesewetter.

In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Sonntagabend: "Bei Herrn Seehofer weiß man ja manchmal nicht so genau, welche neuen Positionen er über Nacht entwickelt - insofern habe ich gerade in der Außenpolitik und gerade im Gespräch mit Russland kein gutes Gefühl damit, wenn er nach Russland reist." Seehofer suche jede sich bietende Bühne - "leider im Moment vor allem gegen seine Schwesterpartei, gegen die Kanzlerin", kritisierte Barley. "Ich hoffe sehr, dass dieser Besuch in Russland nicht auch in diese Richtung geht."

"Die Nebenaußenpolitik, die Herr Seehofer betreibt, ist peinlich", meinte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Ebenfalls in "Berlin direkt", sagte er: "Das ist schon in Saudi-Arabien schief gegangen, das war schon in China peinlich." Man müsse sich große Sorgen machen, wenn Seehofer jetzt mit Putin über die Sanktionen sprechen wolle.

Ein Besuch in schwierigen Zeiten

Seehofers Reise fällt in eine Zeit angespannter Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Der Fall einer angeblichen Vergewaltigung einer 13-jährigen Russlanddeutschen durch Migranten hatte in den vergangenen Tagen zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Berlin und Moskau geführt. Die Polizei in der Hauptstadt stellte klar, dass es keine Hinweise auf eine Sexualstraftat gebe.

"Es ist gut, wenn Gesprächskanäle nach Moskau geöffnet und nicht geschlossen werden", sagte Stefan Liebich (Linke), Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, der Tageszeitung "Die Welt".
Aber: "Dass ausgerechnet Seehofer dafür der richtige Mann ist, bezweifle ich."

Seehofer reagierte am Sonntagabend auf die Kritik: "Wir machen keine Nebenaußenpolitik in Deutschland", sagte der CSU-Vorsitzende am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Zudem sei die Reise sehr sorgfältig vorbereitet worden.

Der bayerische Ministerpräsident wies darauf hin, dass sein Bundesland traditionell gute Beziehungen zu Russland und insbesondere zu Moskau unterhalte. Außerdem sei man gut beraten, den Dialog mit Russland fortzuführen. Das tue ja auch die Bundesregierung. "Denn wir sind umgeben von vielen, vielen politischen Brandherden, die ohne Moskau nicht zu lösen sind."

Seehofer äußerte zugleich die Hoffnung, dass die nach der Annexion der Krim verhängten Sanktionen gegen Russland auch wieder schrittweise oder ganz aufgehoben werden können. "Denn Sanktionen lösen viele der Probleme auf dieser Erde nicht."

(pst/dpa)
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