"Hetze", "Billige Polemik", "Rechtes Zündeln" Seehofer provoziert mit Äußerungen zu Flüchtlingen

Berlin · Der CSU-Chef polarisiert mal wieder: "Verantwortungslos", "fast ekelhaft", "hinterwäldlerisch": Horst Seehofer hat mit scharfen Äußerungen über Flüchtlinge und Kritik an Bundespräsident Joachim Gauck Empörung hervorgerufen.

 Horst Seehofer sorgt einmal mehr für Aufregung.

Horst Seehofer sorgt einmal mehr für Aufregung.

Foto: dpa, tha tmk

Seehofer prangerte im "Münchner Merkur" vom Donnerstag "massenhaften Asylmissbrauch" an. Zudem wies Bayerns Ministerpräsident Gaucks Mahnung an die Deutschen zurück, als Lehre aus der Vertreibung im Zweiten Weltkrieg die Flüchtlinge von heute großherziger aufzunehmen.

Der Auslöser für Seehofers Äußerungen: Gauck hatte am Samstag am ersten deutschen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung gesagt, "die Schicksale von damals und die Schicksale von heute" gehörten "auf eine ganz existenzielle Weise" zusammen.

"Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Heimatvertriebenen, dass sie solche Vergleiche nicht gerne hören", sagte der CSU-Chef. Auch sei die Situation in der aktuellen Flüchtlingspolitik nicht mit der Lage im Zweiten Weltkrieg vergleichbar. "Die Ursachen sind jetzt andere, jetzt geht es auch um massenhaften Asylmissbrauch."

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), warf dem bayerischen Ministerpräsidenten daraufhin Stimmungsmache in der Asyldebatte vor. "Wenn jetzt ausgerechnet aus der Politik wieder Ressentiments gegen Flüchtlinge geschürt werden, ist das verantwortungslos", sagte Özoguz der "Passauer Neuen Presse".

Noch heftiger kritisierte Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth den CSU-Chef. Die Grünen-Politikerin hielt Seehofer in der "Leipziger Volkszeitung" "hetzerisches", "unanständiges" und "fast ekelhaftes" Verhalten vor. Die CSU habe sich offenbar entschlossen, "Politik ohne Rücksicht auf Verluste" zu machen.

"Wer angesichts von tausenden toten Flüchtlingen im Mittelmeer konsequent gegen 'massenhaften Asylmissbrauch' vorgehen und schneller abschieben will, der gießt Öl ins Feuer", sagte die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, der "tageszeitung". Die Aussagen Seehofers seien "hinterwäldlerisch und gefährlich".

"Seehofer zündelt am rechten Rand"

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer kritisierte: "Seehofer zündelt am rechten Rand, indem er eine Parallele zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg und heute rundweg leugnet." Der CSU-Chef mache damit einen Unterschied zwischen deutschstämmigen und ausländischen Vertriebenen und Flüchtlingen. "Das ist nicht nur unredlich, sondern auch gefährlich, weil es Fremdenfeindlichkeit befeuert", sagte Beer.

Seehofer hatte auch ein konsequenteres Vorgehen des Bundes und der Länder gegen Asylmissbrauch gefordert. Der bayerische Ministerpräsident verlangte verstärkte Abschiebungen und "spätestens im September" weitere Beschlüsse im Bund: "Mehr Balkan-Staaten müssen zu sicheren Drittstaaten erklärt werden, in die wir dann schneller abschieben können."

Bei der Versorgung von Flüchtlingen will Bayern nach den Worten Seehofers stärker auf die umstrittenen Essenspakete an Stelle von Geldleistungen setzen. Bayern hatte erst Ende 2013 die Essenspakete abgeschafft. Das sei zu einem Zeitpunkt entschieden worden, "als wir keine Flüchtlingsströme wie heute hatten", begründete Seehofer die Kehrtwende. Nun müssten die politischen Maßnahmen angepasst werden.

Essenspakete werden von Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden abgelehnt, da sie nach deren Auffassung eine Entmündigung der Flüchtlinge bedeuten. Auch der Landeschef der Linken in Bayern, Xaver Merk, kritisierte die Pläne Seehofers. "Lebensmittelpakete sind entmündigend für die betroffenen Asylbewerber und sehr teuer", erklärte Merk.

(AFP)
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