Ministerpräsident will nicht noch einmal kandidieren Wendekünstler Horst Seehofer bleibt sich treu

Meinung | Düsseldorf · Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will 2018 nicht erneut antreten. Vorher hatte er sich das ausdrücklich offen gehalten. Dazu ein Kommentar von Martin Kessler.

Horst Seehofer – Merkels mächtiger Gegenspieler im Foto-Porträt
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Horst Seehofer - Merkels mächtiger Gegenspieler

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Foto: dpa/Sven Hoppe

Das war wieder typisch Seehofer. Nachdem er noch im Oktober eine erneute Kandidatur für 2018 nicht ausschließen wollte, sagte der CSU-Vorsitzende in der "Welt", dass am Ende der bayrischen Legislaturperiode nun endgültig Schluss sei. Der wendefreudige Ministerpräsident des Freistaats hat sich offenbar festgelegt. Sein politisches Ende hatte er allerdings auch schon zuvor mehrfach angedeutet. Eine Restunsicherheit bleibt also.

Gehen wir mal davon aus, dass Seehofer bei dieser Haltung ausnahmsweise bleibt, dürfte es spannend werden in der CSU. Denn mindestens zwei, vielleicht sogar drei laufen sich für den Posten des Ministerpräsidenten und den des Parteivorsitzenden warm.

Aigner, Söder, Herrmann

Zum einen ist es die alerte Ilse Aigner, mit Berliner Ministererfahrung, jetzt als nicht ganz unumstrittene Wirtschaftsministerin im Kabinett Seehofer. Sie gilt als "Mutter der Kompanie", wirkt integrativ und hätte obendrein den Frauen-Bonus. Allerdings ist sie in Bayern nicht so gut vernetzt, war für CSU-Verhältnisse zu lang in Berlin und gilt nicht unbedingt als politisches Schwergewicht, die sich als Parteivorsitzende in der gegenwärtigen Koalition etwa gegen Kanzlerin Angela Merkel oder SPD-Chef Sigmar Gabriel durchsetzen könnte.

Eine solche Position wird eher Markus Söder zugetraut, dem Finanzminister in der bayrischen Landesregierung. Er kann glänzende Haushaltszahlen vorweisen, gilt als durchsetzungsstark und intrigensicher und — was fast noch wichtiger ist — hat einen starken Rückhalt in der CSU. Sein Nachteil liegt allerdings ausgerechnet in seinen Vorteilen begründet. Denn Söder gilt als rücksichtslos und polarisierend. Auch die eigenen Leute spart er bei seinen scharfen Attacken nicht aus. Das Vertrauen seines Chefs Seehofer genießt er obendrein nur eingeschränkt. Der hatte ihm noch vor Jahresfrist "Schmutzeleien" vorgehalten — nicht gerade ein Ritterschlag für höhere Aufgaben.

Es könnte also gut sein, dass ein lachender Dritter am Ende das Rennen macht — der bayrische Innenminister Joachim Herrmann. Der hat eine exzellentes Position in der Partei, gilt als politisches Schwergewicht und polarisiert deutlich weniger als Söder. Allerdings fehlt dem dreifachen Familienvater und gelernten Juristen die Strahlkraft der beiden anderen Anwärter.

Das finanziell gesündeste Bundesland

Ob Seehofer bis zum Ende der Legislaturperiode tatsächlich durchhält, ist offen. Denn mit seiner Ankündigung macht er sich zur "lahmen Ente". In der Politik wird damit ein Amtsträger bezeichnet, dessen Ende absehbar ist. Er kann keine Karrieren mehr befördern, deshalb bröckelt seine Anhängerschaft, und die Umgebung bereitet sich bereits auf den Nachfolger vor. Solange der aber unklar ist, hält der Amtsträger die Macht noch in den Händen. Deshalb wird Seehofer noch eine Weile zusehen, wie sich die potenziellen Nachfolger balgen. Allzu lange kann er aber nicht mehr warten. Deshalb ist ein Amtswechsel noch vor 2018 nicht ausgeschlossen.

Seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin hinterlässt Seehofer das neben Baden-Württemberg und Hessen wirtschaftsstärkste und finanziell gesündeste Bundesland. Das ist ein großes Pfund, mit dem der künftige Ministerpräsident auch bundesweit punkten kann. Und die Prognosen für Bayern sind trotz des erreichten Wohlstandsniveaus nicht schlecht. Die Mischung aus Hightech-Industrie, Mittelstand und großen Konzernen ist beispielhaft. Allerdings muss das Land aufpassen, in der quirligen Startup-Szene den Anschluss nicht zu verlieren. Hier sind Berlin, Hamburg und Köln die Hot Spots.

Die Rolle als CSU-Vorsitzender und Führungsperson in der großen Koalition ist schwieriger zu besetzen. Seehofer hat hier oft Freund und Feind genervt, aber auch einiges wie das Betreuungsgeld oder die Mütterrente durchgesetzt. Freilich hat insgesamt die Bedeutung der CSU im Bund nachgelassen. Für ihre Forderung, Deutsch für Migrantenfamilien als Sprache für zuhause vorzuschreiben, ernteten die Christsozialen viel Spott und Häme. Gleichwohl wäre hier Söder der beste Nachfolger, er hat die gleiche Härte wie Seehofer, ist in seinen Zielen allerdings stringenter. Doch ohne den Posten des Regierungschefs in Bayern wird er es wohl kaum machen. Denn das ist seine entscheidende Ressource.

(kes)
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