Die Frage nach dem Parteichef In Röslers FDP wächst die Nervosität

Berlin · Eine Woche vor ihrem wichtigen Dreikönigstreffen steht die FDP mit ihrem Vorsitzenden Philipp Rösler im Kreuzfeuer der Kritik.

Die Frage nach dem Parteichef: In Röslers FDP wächst die Nervosität
Foto: dapd, Maja Hitij

Mit seinem fünfseitigen Positionspapier über "Wachstum und Stabiliät in schwierigem Umfeld" führe Rösler die FDP aufs Abstellgleis der deutschen Politik, lästert die SPD. Und selbst Röslers eigener niedersächsischer Landesverband stöhnt auf, weil die von Rösler auf die liberalen Kernthemen konzentrierte Politik im Landtagswahlkampf nicht hilfreich sei. Oberflächliche Treueschwüre zu Rösler lassen sich im Präsidium zwar immer noch auf Knopfdruck abrufen, doch auf breiter Front rumort es — bis hinein in die FDP-Bundestagsfraktion.

Dort hat jetzt der sächsische Abgeordnete Heinz-Peter Haustein öffentlich konkretisiert, was der baden-württembergische Spitzenkandidat Dirk Niebel schon vor Wochen im Gespräch mit unserer Redaktion anstieß und seitdem am Kochen hielt: die Loslösung des Parteichefs von der Spitzenkandidatur. Dass beide Positionen in eine Hand gehörten, sei nicht zwingend. Haustein spricht von "Frust", der sich angesichts der FDP-Werte breitmache. Wie im Fußball komme nun "zwangsläufig die Frage nach dem Trainer".

Haustein gehört zu den mächtigen Haushältern der Koalition, ist deutschlandweit aber eher bekannt geworden, als er in seiner Funktion als Bürgermeister des sächsischen Städtchens Deutschneudorf vor vier Jahren groß verkündete, kurz vor dem Fund des legendären Bernsteinzimmers im Erzgebirge zu stehen. Ostern will der Liberale wieder bohren. Denn bei den Edelsteinen ist seine Fähigkeit zum Blick in die Zukunft noch nicht nachweisbar. Anders hingegen beim FDP-Spitzenpersonal: "Ich denke, Birgit Homburger wird das nicht mehr hinkriegen", sagte Haustein Anfang Mai 2011 über die Perspektive der damaligen FDP-Fraktionschefin. Wenige Tage später trat Rainer Brüderle an ihre Stelle.

Was Niebel andeutet spricht Haustein aus

Wenn Haustein nun öffentlich von seinen Erlebnissen plaudert, dann müssen bei Rösler alle Alarmglocken läuten. "Parteifreunde, Geschäftsfreunde, Bekannte sagen mir auf den Kopf zu: Mit deiner Partei ist im Prinzip alles okay — aber mit dem Philipp passt das nicht." Was Niebel andeutet, spricht Haustein aus. Vielleicht nicht von ungefähr: Als Niebel jüngst zwischen zwei Bundestagsabstimmungen zu einem adventlichen Umtrunk in seinem Ministerium dazustieß, hatte er aus dem Plenum zufällig einen Parteifreund getroffen und in den Kreis mitgebracht: Haustein.

Inzwischen ist es mit Röslers Stellung schon so weit, dass Begegnungen von Liberalen automatisch unter dem Verdacht stehen, hier werde gerade der Sturz des Vorsitzenden geplant. Das war schon so, als Kiels liberaler Wahlsieger Wolfgang Kubicki auf Mallorca mit Außenminister Guido Westerwelle gemeinsam auf den Golfplatz und unter die Dusche ging.

Denn die Nervosität wächst. Schaffen es die Liberalen im September nur knapp wieder in den Bundestag, fallen gut 50 Abgeordnetenmandate weg, geht es schlicht um die Existenz von rund 200 Politikern und Mitarbeitern, die derzeit noch die Regierungspolitik mitbestimmen. Bleibt die FDP dort, wo sie seit fast drei Jahren hockt, nämlich unter der Fünf-Prozent-Hürde, ist auch für 93 Abgeordnete die politische Zukunft zunächst vorbei.

Rösler igelt sich ein

Deshalb wird von Woche zu Woche die Versuchung größer, alles Übel auf Röslers Schultern abzuladen. Der igelt sich ein, verweigert jeden Kommentar zu seiner eigenen Kandidatur, verschießt kleine Giftpfeile in Richtung Niebel und muss ansonsten zur Kenntnis nehmen, dass selbst Positionen, die zur liberalen Markenkern gehören, ihm nun als Schwächung der liberalen Sache vorgehalten werden.

Dreikönig muss er eine mitreißende Rede in Stuttgart hinlegen, wenn der Zank wenigstens in der heißen Phase des Niedersachsen-Wahlkampfes nachlassen soll. Und dann liegt es an den Niedersachsen, ob er Parteichef bleibt. Fliegt die FDP aus dem Landtag, war es das nach allgemeiner Überzeugung auch für den Vorsitzenden Rösler. Selbst bei Wahlergebnissen unter sechs Prozent will kaum einer dafür garantieren, dass es unter Rösler in den Bundestagswahlkampf geht.

In einem Interview öffnet Niebel nun die Gräben: Dem "Tagesspiegel am Sonntag" sagte der Entwicklungsminister, dass er es für "ein Zeichen von innerparteilicher Demokratie" halten würde, wenn sich beim FDP-Bundesparteitag im Mai mehrere Kandidaten um das Amt des Bundesvorsitzenden bewerben würden.

(may-)
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