Innere Sicherheit Konzepte von de Maiziere und Gabriel im Vergleich

Berlin · Aufgrund der angespannten Sicherheitslage plädiert Bundesinnenminister Thomas de Maiziere für mehr Kompetenzen des Bundes bei der Gefahrenabwehr sowie in der Flüchtlingspolitik. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hat ein Konzept "für mehr Sicherheit in Zeiten wachsender Unsicherheit" vorgelegt.

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Der Wettstreit um die richtigen Antworten auf die Terrorgefahr gewinnt damit an Fahrt. Ein Überblick über die Konzepte:

Die Vorschläge von Thomas de Maiziere

  • Im Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" merkt de Maiziere kritisch an, dass es keine Zuständigkeit des Bundesstaats für nationale Katastrophen gebe. "Es ist an der Zeit, die Fähigkeiten Deutschlands zur Krisenbewältigung zukunftsfähig zu machen", schreibt der CDU-Politiker.
  • Wo Bund und Länder in Angelegenheiten der Sicherheit des Bundes zusammenarbeiten, braucht der Bund nach Ansicht de Maizieres eine "Steuerungskompetenz über alle Sicherheitsbehörden". Die Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) seien zu eng gefasst. Notwendig seien "einheitliche Regeln und eine bessere Koordinierung, zum Beispiel bei der Kontrolle von Gefährdern".
  • Auch Fahndungsmaßnahmen sollen de Maiziere zufolge stärker vom Bund gelenkt werden können. Die Bundespolizei soll dazu "neben den Polizeien der Länder eine zentrale Verfolgungs- und Ermittlungszuständigkeit zur konsequenten Feststellung unerlaubter Aufenthalte in Deutschland erhalten". Sie soll so "zu einer echten Bundes-Polizei" entwickelt werden. Die derzeitige Beschränkung der Schleierfahndung der Bundespolizei auf einen 30 Kilometer Grenzstreifen werde der Realität nicht mehr gerecht.
  • "Beim Verfassungsschutz sollten wir diskutieren, die gesamte Aufgabe in die Bundesverwaltung zu übernehmen", regt de Maiziere an. Dies würde faktisch die Übernahme der Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt bedeuten. "Kein Gegner unserer Verfassung strebt die Beseitigung der Verfassung in nur einem Bundesland an", begründet er seinen Vorstoß.
  • Die Zuständigkeit des Bundes für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber will de Maiziere ausweiten. Er schlägt vor, dass der Bund "eine ergänzende Vollzugszuständigkeit bei der Aufenthaltsbeendigung" erhält. Abschiebungen könnten so unter der Regie des Bundes "unmittelbar vollzogen" werden. De Maiziere spricht sich auch für die Einrichtung von "Bundesausreisezentren" aus. Zugleich bekräftigt er seinen Vorschlag, abgelehnte Asylbewerber, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, in Abschiebehaft zu nehmen.
  • Auch auf europäischer Ebene fordert der Innenminister als Antwort auf die Flüchtlingskrise einen "Massenzustrom-Mechanismus, der Europa krisenfest macht, wo, wie und wann auch immer eine Migrationskrise entsteht". Als sicherer Drittstaat sollte schon ein Staat gelten, wenn dort an einem "sicheren Ort" menschenwürdige und sichere Aufnahmebedingungen vorhanden sind.

Die Vorschläge von Sigmar Gabriel

  1. SPD-Chef Sigmar Gabriel reklamiert innere Sicherheit als "ursozialdemokratisches" Thema. Es gebe ein "Grundrecht auf Sicherheit", zudem handele es sich um ein "Verteilungsthema", denn normale Menschen seien hier auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen. "Nur sehr reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten und sich private Sicherheit kaufen", schreibt der Vizekanzler.
  2. Als zentralen Unterschied der SPD zu CDU/CSU hebt Gabriel hervor, dass sie nicht ausschließlich auf Gesetzesverschärfungen setze. Notwendig sei ein Zusammenspiel von Prävention, der Stärkung des inneren Zusammenhalts der Gesellschaft und der Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz. "Gute und lebendige Städte und Gemeinden schaffen, Beschäftigung sichern, Kultur fördern, soziale Sicherheit gewährleisten, in Bildung investieren: All das ist mindestens so wichtig wie die Verbesserung der Sicherheitsarchitektur." - Auch der SPD-Chef sieht aber teils gesetzlichen Handlungsbedarf. So tritt er für eine bessere Videoüberwachung öffentlicher Plätze ein. Zugleich macht sich Gabriel für eine Abschiebehaft für nicht aufenthaltsberechtigte "Gefährder" bis zu deren endgültiger Ausreise stark und liegt damit in etwa auf einer Wellenlänge mit de Maiziere. In die Debatte gehöre auch die elektronische Fußfessel für bereis verurteilte Straftäter.
  3. Gabriel will auch eine neue Definition der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz. Der "Quellenschutz" des Verfassungsschutzes dürfe keine höhere Bedeutung haben als der Informationsfluss zur Polizei für die Gefahrenabwehr. Darüber hinaus fordert Gabriel mehr Personal für die Polizei sowie die Vereinheitlichung aller Datensysteme der Behörden von Bund, Ländern und Kommunen.
  4. Nicht zuletzt geht es für Gabriel um die Zusammenarbeit mit Moscheegemeinen bei der Prävention sowie die Schließung radikal-islamischer und salafistischer Moscheen. Ein "Free Europe Network" soll in sozialen Medien und Netzwerken gegen die Propaganda islamistischer Kommunikationszentralen arbeiten.
  5. Gabriel warnt zugleich vor Scheinlösungen, die den Eindruck staatlichen Kontrollverlustes nur verstärkten. Dazu gehöre etwa die Forderung aus der Union nach Einführung von Transitzonen an den Grenzen im Kampf gegen den islamistischen Terror. Er verweist darauf, dass sich alle Täter des Jahres 2016 in Deutschland erst nach der Einreise radikalisiert hätten.
(felt/REU)
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