Falsche Pässe beim IS Oettinger fordert lückenlose Registrierung aller Flüchtlinge

Berlin · Mit gestohlenen Pässen des IS kamen einige der mutmaßlichen Paris-Attentäter nach Frankreich. Flüchtlinge in Deutschland hatten Papiere aus derselben Quelle. EU-Kommissar Günther Oettinger fordert deshalb nun eine lückenlose Registrierung der Flüchtlinge in Deutschland.

Auch die Männer, die als Attentäter von Paris unter Verdacht stehen, reisten mit Pässen der Terrormiliz IS nach Frankreich ein.

Auch die Männer, die als Attentäter von Paris unter Verdacht stehen, reisten mit Pässen der Terrormiliz IS nach Frankreich ein.

Foto: dpa, sp pt

Sowohl bei zwei Paris-Attentätern als auch bei einer Gruppe von syrischen Flüchtlingen, die mittlerweile untergetaucht sein sollen, waren Ausweispapiere registriert worden, die in Rakka vom Islamischen Staat gestohlen worden sein sollen. Die Gruppe hatte die Pässe bei der Einreise nach Deutschland noch vor den Anschlägen vom 13. November vorgezeigt. Die Behörden hatten aber nicht ihre Fingerabdrücke gesichert. Der Verbleib der Personen ist ungeklärt.

Trotz des Zusammenhangs, den die Sicherheitsbehörden zwischen den Paris-Attentätern und der Flüchtlingsgruppe in Deutschland hergestellt haben, warnte der Unions-Sicherheitsexperte Stephan Mayer unterdessen vor voreiliigen Schlüssen. Daraus könne nicht zwingend gefolgert werden, dass es sich auch um IS-Terroristen handele. Wichtig sei jedoch, dass man diese Flüchtlinge so schnell wie möglich aufspüre, um sie befragen zu können, sagte Mayer unserer Redaktion.

Die Zahl der Islamisten, die aus Deutschland in den Dschihad nach Syrien gezogen sind, ist nach Informationen unserer Redaktion auf inzwischen 780 angestiegen. Der Verfassungsschutz ist zu der Einschätzung gelangt, dass ein Drittel mittlerweile wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Für 130 Personen liegen Hinweise darauf vor, dass sie ums Leben gekommen sind.

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, warnte angesichts der Flüchtlingskrise vor einer Spaltung der Europäischen Union. Er fürchtet, dass nationale Egoismen die Krise verschärfen und die Wähler sich - wie in Frankreich - radikalen Gruppierungen zuwenden, weil sie "das Gefühl haben, dass die Politik keine Lösungsansätze hat."

Paris: Frankreich trauert um Anschlags-Opfer
11 Bilder

Frankreich trauert um die Opfer von Paris

11 Bilder
Foto: dpa, saa mda

Gerade in der Flüchtlingskrise könne es, sagte Schulz in einem Interview mit der "Aachener Zeitung", erfolgversprechend nur einen europäischen Weg geben, der werde aber verweigert, " weil ausschließlich aus nationalstaatlicher Perspektive argumentiert wird." Darin liege aber der Sprengsatz für Europa. Schulz: "Das Denken in nationalen Kategorien und das Zielen auf kurzfristige politische Geländegewinne auf dem Heimatmarkt wurde deutlich in der Griechenland-Krise und zeigt sich auch jetzt in der Flüchtlingsdebatte." Die Entsolidarisierung sei besorgniserregend und droht die Europäische Union zu spalten.

Schulz mahnt zur Umkehr und sieht in einem Fünf-Punkte-Plan die Lösung der Flüchtlingskrise: Solidarische Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union, Einrichtung von Hotspots, Hilfe für die Aufnahme von Flüchtlingen in der Türkei, in Jordanien und den Libanon, Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien, Effektiver Schutz für die Außengrenzen der EU.

Liebe Leserinnen und Leser,
Ihre Meinung zu RP Online ist uns wichtig. Anders als sonst bei uns üblich gibt es allerdings an dieser Stelle keine Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Zu unserer Berichterstattung über die Flüchtlingskrise haben wir zuletzt derart viele beleidigende und zum Teil aggressive Einsendungen bekommen, dass eine konstruktive Diskussion kaum noch möglich ist. Wir haben die Kommentar-Funktion bei diesen Themen daher vorübergehend abgeschaltet. Selbstverständlich können Sie uns trotzdem Ihre Meinung sagen — per Facebook oder per E-Mail.

(mar/may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort