Regierungsbildung CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sieht schwarz für Jamaika

Berlin · In Sachen Regierungskoalition steuert derzeit alles auf ein Jamaika-Bündnis zu. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt hält die Variante allerdings für eher unwahrscheinlich. Ebenso wie eine Regierungsbildung vor 2018. Auch eine schnelle Einigung des Unionsstreits sieht er nicht.

 CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Foto: afp

Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, hält eine Jamaika-Koalition für unwahrscheinlich - ebenso wie eine Regierungsbildung vor nächstem Jahr. "Ich halte ein solches Bündnis für nur sehr schwer möglich", sagte Dobrindt dem Nachrichtenmagazin "Focus".

"Wir werden auf jeden Fall ernsthaft in Gespräche mit Grünen und FDP einsteigen. Ob das von Erfolg gekrönt sein kann, hängt stark von der Bewegungsfähigkeit gerade der Grünen ab." Auf die Frage, ob die neue Regierung vor Weihnachten stehe, sagte der CSU-Politiker: "Das kann ich mir aktuell nicht vorstellen."

Zeitdruck dürfe nicht Inhalte dominieren, mahnte Dobrindt. "Gerade eine Koalition wie Jamaika müsste intensiver und klarer in einem Koalitionsvertrag ihre politischen Aufgaben definieren, als das bei der großen Koalition der Fall war." Dobrindt forderte die Grünen auf, sich klar für einen politischen Kurs zu bekennen. "Wenn die Grünen Teil einer bürgerlichen Regierung sein wollen, müssen sie sich von linken Spinnereien verabschieden. Für ein Innovationsland wie Deutschland wäre Jamaika kein Projekt, sondern ein gewagtes Experiment."

Dobrindt rechnet auch nicht mit einer schnellen Beilegung der Differenzen mit der Schwesterpartei CDU. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer wollen mit den Spitzen beider Unionsparteien am Sonntag versuchen, eine gemeinsame Linie für Jamaika-Verhandlungen zu finden. "Ich gehe davon aus, dass die Klärung innerhalb der Union nicht mit einem Treffen zu erledigen ist.

Es geht nicht um Kommazeichen, es geht um Grundsätzliches", sagte Dobrindt. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der Deutschen Presse-Agentur, es werde am Sonntag schwierig werden. Er gehe aber mit "Zuversicht" in die Gespräche. Haupthürde dürfte der Streit um die von der CSU geforderte Obergrenze für Flüchtlinge sein.

Angesichts schwerer Verluste bei der Bundestagswahl und der 2018 anstehenden bayerischen Landtagswahl will die CSU ihr konservatives Profil schärfen und macht Druck auf die große Schwesterpartei. Die Union war bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden, hatte aber nur 32,9 Prozent erreicht. Seehofer hatte daraufhin gefordert, die Union müsse ihre "rechte Flanke" schließen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, er erwarte im Streit über eine Obergrenze eine Einigung. "Der Konflikt ist bekannt. CDU und CSU haben hier unterschiedliche Positionen. Jetzt muss der Streit endgültig gelöst werden", sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Forderungen nach einem Rechtsruck der CDU/CSU erteilte er eine Absage. "Wahlen werden auch in Zukunft mit einem vernünftigen Kurs der Mitte gewonnen."

CSU-Vize Manfred äußerte sich zuversichtlicher als sein Parteikollege Dobrindt. Beide Unionsparteien seien sich einig, dass jene Ängste ernstgenommen werden müssten, die zum Erstarken populistischer Kräfte geführt hätten. "Wir sehen die Verantwortung. Das Scheitern einer Regierung in Deutschland wäre ein schwieriges Signal für Europa und die Welt", sagte Weber dem SWR.

Der konservative CDU-Politiker Armin Schuster forderte, erst nach Abschluss von Koalitionsgesprächen über eine Neuaufstellung der Partei zu beraten. "Es gilt jetzt, voll konzentriert die Koalitionsverhandlungen erfolgreich zu führen und sich nicht mit unionsinternen Selbstfindungstherapien vom Wesentlichen abzulenken", sagte der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete und Innenexperte der dpa. Schuster forderte, dass ein Parteitag über einen etwaigen Koalitionsvertrag mit FDP und Grünen entscheiden soll.

Die Grünen drängten die Union erneut zur raschen Klärung des Streits. "Bei allem Verständnis: Die Sondierungsgespräche zwischen CSU und CDU dürfen nicht bis Weihnachten dauern", sagte Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter der dpa. "Es ist wichtig, dass die Union sich jetzt zügig sortiert." Die Jamaika-Gespräche würden schwierig genug. "Zeit, die jetzt verloren geht, kann später nicht zu Lasten gründlicher Gespräche reingeholt werden."

(csr)
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