Umfrage Jeder Zweite im Ruhrgebiet kennt den FDP-Chef nicht
Düsseldorf · Eine Umfrage ergibt desaströse Werte für die Liberalen: 47 Prozent der Befragten können mit dem Namen des Vorsitzenden Christian Lindner nichts anfangen. 60 Prozent verbinden mit der Partei keine Inhalte mehr.
Wenn Politikern Umfragen nicht passen, sprechen sie - vor allem in Wahlkampfzeiten - von "Wasserstandsmeldungen", denen eigentlich überhaupt keine Bedeutung beikomme. Sind die Umfragen dagegen positiv, werden sie von denselben Politikern gerne als aussagekräftig interpretiert.
So gesehen, wird Christian Lindner die jüngste Forsa-Umfrage wohl eher als Wasserstandsmeldung werten wollen. 47 Prozent der befragten Menschen im Ruhrgebiet konnten nämlich nichts mit seinem Namen anfangen. Allerdings wussten fast genauso viele, nämlich 45 Prozent, dass Lindner der Bundesvorsitzende der FDP ist. Fünf Prozent konnten immerhin sagen, dass er ein Politiker der FDP ist, während drei Prozent nicht darüber informiert waren, welcher Partei dieser Politiker angehört.
Das ist das Ergebnis einer für Lindner eher ernüchternden Umfrage des Instituts Forsa für den "Initiativkreis Ruhrgebiet", die unserer Zeitung vorliegt. Im Juni waren dazu mehr als 1000 Personen im Ruhrgebiet befragt worden. Für den Initiativkreis mit Sitz in Essen führt Forsa regelmäßig Umfragen ("Ruhrmeter") zu aktuellen Themen durch. Ziel der Organisation, der 67 Unternehmen angehören, ist die Förderung der Umstrukturierung und die Weiterentwicklung des Ruhrgebiets. Projekte wie das Technologiezentrum "Innovation City" (Bottrop) gehören dazu.
Im vorigen Jahr hat sich Lindner dort umgeschaut und war begeistert: "Innovation City ist ein faszinierendes Projekt. In Bottrop werden zukunftsweisende Ideen erprobt. Von dieser Experimentierfreude wird die Energiewende in ganz Europa profitieren."
Weniger angetan dürfte Lindner jetzt von der Forsa-Umfrage sein. Denn auf die Frage, wofür sich die FDP besonders einsetzt, konnten 60 Prozent der Befragten keine Antwort geben. Sieben Prozent nannten Wirtschaft und Industrie, sechs Prozent gaben "Liberalismus, Freiheit" an. Für die Themen Steuerpolitik, Bildung/Wissenschaft, Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit entschied sich nur je ein Prozent.
26 Prozent der Menschen im Ruhrgebiet bedauern, dass die FDP nicht mehr im Bundestag vertreten ist, 71 Prozent nicht. Nach Angaben von Forsa ist dieser Anteil so hoch wie im gesamten Bundesgebiet. Unter denen, die Bedauern ausdrückten, sind Ältere ab 60 stark vertreten sowie Selbstständige und Menschen mit einem Haushaltseinkommen von mehr als 3000 Euro netto. Keine Überraschung: 81 Prozent der Anhänger der SPD bedauern das Scheitern der FDP nicht. Bei den Anhängern der Grünen sind es 87 Prozent und bei den Anhängern der Linken sogar 94 Prozent. Allerdings gaben sogar 16 Prozent der FDP-Anhänger an, das Scheitern auf Bundesebene nicht zu bedauern.
Lindner ist aber nicht nur Bundesvorsitzender der FDP, sondern auch deren Vorsitzender in NRW sowie Chef der 22-köpfigen Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Doch laut Umfrage wissen nur 34 Prozent der im Ruhrgebiet Befragten, dass die FDP im Landtag vertreten ist. 41 Prozent sind der (unzutreffenden) Ansicht, dass die Liberalen auch dort nicht mehr präsent sind. 25 Prozent antworteten mit "weiß nicht". Bemerkenswert: Sogar Anhänger der FDP waren zu 45 Prozent der Meinung, dass die FDP aus dem NRW-Landtag geflogen ist.
Ein diffuses Bild zeigt sich bei der Frage, ob die FDP wieder aus ihrem Stimmungstief herauskommt. 49 Prozent bejahen die Frage, 43 verneinen sie. Am ehesten glauben die Jüngeren, dass die FDP in den Bundestag zurückkehren wird: 65 Prozent der 18-bis 29-Jährigen gehen davon aus. Dagegen erwarten dies nur 48 Prozent derjenigen, die älter als 60 sind; 45 Prozent sehen für die FDP dagegen eher schwarz.
Tröstlich für Christian Lindner: 81 Prozent der FDP-Anhänger sehen eine Chance, dass sich die Partei auf Bundesebene und in einzelnen Landtagen "berappelt"; lediglich 19 Prozent glauben nicht daran.