Weihnachtsansprache Joachim Gauck lobt die offene Gesellschaft

München · Angesichts des wachsenden Zulaufs zur islamkritischen "Pegida"-Bewegung mahnt Bundespräsident Joachim Gauck die Deutschen zu Hilfsbereitschaft und entschiedenem Eintreten für eine offene Gesellschaft.

 Joachim Gauck bei der traditionellen Weihnachtsansprache.

Joachim Gauck bei der traditionellen Weihnachtsansprache.

Foto: dpa

In seiner vorab verbreiteten Weihnachtsansprache lobte er, "dass die allermeisten von uns nicht denen folgen, die Deutschland abschotten wollen".

Ähnlich äußerten sich die großen christlichen Kirchen. "Ohne Anerkennung des Anderen und Respekt vor jedem Menschen gibt es kein friedliches Zusammenleben", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in seiner vorab veröffentlichten Predigt. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, erklärte: "Das christliche Europa hat heute die Aufgabe, seinen Umgang mit Flüchtlingen so neu zu ordnen, dass kein Mensch mehr im Mittelmeer ertrinken muss."

Gegen die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung formiert sich bundesweit immer mehr Widerstand. In mehreren Städten gingen am Montagabend mehr als 20.000 Menschen auf die Straße, um ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit zu setzen. Zugleich versammelten sich aber auch in Dresden so viele "Pegida"-Anhänger wie nie. Laut Polizei mobilisierte das Bündnis rund 17.500 Menschen, 2500 mehr als in der Vorwoche.

Dabei werden die Töne schärfer. Insbesondere eine Rede habe an mehreren Stellen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, sagte der Politikwissenschaftler Werner Patzelt am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Bei der Kundgebung hatten Redner unter großem Beifall auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich attackiert.

Angekündigt hatte "Pegida" ein gemeinsames Weihnachtssingen vor der Semperoper. Tatsächlich wurden Verunglimpfungen von Politikern und Beschimpfungen von Journalisten ebenso begeistert bejubelt wie ausländerfeindliche Parolen. Medienvertreter wurden mit dem tausendfach skandierten Ruf "Lügenpresse" begrüßt.

Aus Protest gegen die "Pegida"-Veranstaltung zogen 4500 Gegendemonstranten durch die Stadt, rund 400 Menschen kamen zu einem ökumenischen Friedensgebet. Zeitgleich gingen in anderen deutschen Städten Tausende auf die Straße, um gegen Rassismus und Ausgrenzung zu demonstrieren. Allein in München versammelten sich laut Polizei 12 000 Menschen, die Veranstalter sprachen sogar von 25.000.

Am kommenden Montag will "Pegida" auf eine Kundgebung in Dresden verzichten. Das Bündnis "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" wendet sich gegen eine angebliche "Überfremdung" Deutschlands. Unter dem Ruf "Wir sind das Volk" schließen sich seit Wochen immer mehr Menschen diesen sogenannten Montagsdemonstrationen an.

Mehr als 50 DDR-Bürgerrechtler protestierten am Dienstag gegen die Vereinnahmung der friedlichen Revolution. Der Ruf "Wir sind das Volk" habe 1989 für Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit gestanden, unterstrichen die Akteure des friedlichen Wandels in der DDR. "Ihr sprecht nicht für '89, ihr sprecht für keine Freiheitsbewegung, ihr seid deren Schande", heißt es am Schluss der Erklärung.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte "Spiegel-Online":
"Es geht darum, mit Überzeugung, Leidenschaft und Vernunft für unsere offene Gesellschaft aufzustehen."

(dpa)
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