Bewährungsstrafe wegen Kinderpornografie Jörg Tauss empört über Urteil

Karlsruhe (RPO). "Das ist ein Urteil, mit dem ich weder leben mag noch leben kann", erregte sich der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss am Freitag im Karlsruher Landgericht. Kein Wunder: Zwar wurde Tauss wegen des Besitzes und der Weitergabe von Kinderpornos nur zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Doch schlimmer wiegt für ihn der nun endgültige Verlust von Ehre, gutem Ruf und allen Ämtern.

Das ist Jörg Tauss
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Das sah auch der Vorsitzende Udo Scholl so: "Tauss ist auch durch das Verfahren bestraft", begründete Richter Scholl das letztlich milde Urteil. Tauss, inzwischen Mitglied der Piratenpartei, erwägt zwar, das Urteil vor dem Bundesgerichtshof anzufechten.

Doch auch dort dürfte es wegen der klugen Begründung der Strafkammer bestand haben. Nach Ansicht des Gerichts hatte Tauss sich die mehr als 200 Pornos für "private Zwecke beschafft" und nicht, wie von dem 56-Jährigen behauptet, um die Verlagerung der Vertriebswege vom Internet hin zu SMS und Post nachzuweisen.

"Erfüllung dienstlicher Pflichten"

Für die private Nutzung der Schmuddelbilder von kleinen Jungs spricht laut Scholl unter anderem, dass Tauss seine angeblichen Erkenntnisse zur Kinderporno-Szene während des Gesetzgebungsverfahrens 2008 zur Sperrung einschlägiger Internetseiten nicht im Parlament zur Sprache gebrachte hatte. Und für die private Nutzung spreche auch, dass Tauss sich die vielen Pornos über den langen Zeitraum von zwei Jahren verschaffte.

Doch selbst für die angebliche politische Arbeit hätte Tauss die Bilder und Videos nicht besitzen dürfen. Dies ist laut Gesetz zwar für die "Erfüllung dienstlicher oder beruflicher Pflichten" erlaubt, etwa Ärzten zum Nachweis von Verletzungen an missbrauchten Kindern.

Ein Bundestagsabgeordneter, der sich über Gesetzesverstöße informieren will, zählt dem Gericht zufolge aber nicht dazu und kann auch keine "Sonderrechte" für seine Recherchen beanspruchen. Deshalb dürfe zum Beispiel auch kein Waffenrechtsexperte unter den Parlamentariern sich am Bahnhof illegal eine Pistole beschaffen und Zuhause aufbewahren, ohne die Polizei zu informieren, sagte Scholl.

Zur Befriedigung der Neugier

Für den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, Tauss habe sich das Pornomaterial verschafft, um sich "sexuell zu erregen", sah das Gericht jedoch keinen Beleg. Es sei denkbar, dass Tauss nur seine Neugier befriedigen wollte, sagte Scholl.

Wie gut es der Vorsitzende Richter mit dem nach 15-jähriger Parlamentszugehörigkeit nun politisch tief gefallenen Tauss meinte, zeigte Scholl am Ende seiner Urteilsbegründung. "Wir haben auch die Folgen des Urteils für den Angeklagten geprüft: Die Strafe führt nicht zum Verlust seiner Ruhestandsbezüge als Abgeordneter", sagte der Richter und trat damit gegenteiligen Spekulationen in den Medien entgegen.

Für Tauss, ist das mehr als ein nur geringer Trost. Der berufslose Ex-Abgeordnete ist nach eigenen Angaben vor Gericht mit rund 700. 000 Euro verschuldet und bekommt wegen seines Ausscheidens aus dem Parlament nur ein Übergangsgeld bis Ende 2011.

(AFP/nbe)
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