Gastbeitrag von Bildungsministerin Wanka Deutschland muss mit China kooperieren

Düsseldorf · Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) plädiert in ihrem Gastbeitrag für einen neuen Umgang mit der Furcht vor Ideenklau im Reich der Mitte.

Das ist Johanna Wanka
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Foto: dpa, Bernd von Jutrczenka

Kooperation ist kein Selbstzweck. Weder auf nationaler Ebene noch international - und schon gar nicht mit einem der schärfsten internationalen Wettbewerber. Denn das sind China und Deutschland nicht erst seit gestern. Der alte Exportweltmeister Deutschland wurde, wenn man alle Güter betrachtet, von China bereits im Jahr 2009 überholt. Und trotz der derzeitigen Schwierigkeiten im Reich der Mitte ist nicht davon auszugehen, dass sich Deutschland diesen Titel wieder sichern könnte.

Aber in Zeiten globaler Herausforderungen wie des Umwelt- und Klimaschutzes, der Urbanisierung, knapper werdender Ressourcen oder der weltweiten Vernetzung durch das Internet ist Kooperation auch und gerade mit China ein Muss. Ob es dem einen oder anderen gefällt oder nicht: China ist längst auch bei Forschung und Entwicklung zur Weltmacht geworden. Die ehemalige "Werkbank" der Welt strebt danach, Innovationsnation zu werden.

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Foto: dpa, bvj tmk

Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2013 gab China laut OECD-Angaben umgerechnet rund 253 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus, während es in Deutschland etwa 76 Milliarden Euro waren. Selbst die USA, immer noch führend in der Welt, kamen umgerechnet nur auf 344 Milliarden Euro. Im selben Jahr studierten an chinesischen Hochschulen mehr als 31 Millionen junge Menschen, während es in Deutschland rund 2,6 Millionen waren. Und fast 400.000 Chinesen besuchten 2013 eine Hochschule im Ausland, knapp 24.000 davon in Deutschland.

Wissenschaft und Forschung leben vom internationalen Austausch. Es wäre deshalb fast schon sträflich, wenn man das Potenzial und den Willen so vieler Chinesen auf diesem Gebiet ignorieren würde. Genau deshalb wird mein Ministerium demnächst eine eigene China-Strategie als Grundlage der bilateralen Zusammenarbeit in Forschung, Wissenschaft und Bildung vorstellen.

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Foto: Screenshot Facebook

Eine zentrale Leitlinie ist, dass dieser Austausch beiden Nationen, Unternehmen hier wie dort nützt. Dafür kommt es auch auf mehr kulturelles Verständnis an - immer noch wissen zu wenige Deutsche, wie in China gelebt, geforscht und gearbeitet wird. Aber in China suchen auch rund 5000 deutsche Unternehmen händeringend nach Fachkräften. Die Zusammenarbeit in der Berufsbildung ist daher ein wichtiger Faktor für deutsche Unternehmen. Auch wollen wir in unseren Kooperationen zu verlässlicheren Rahmenbedingungen sowohl für die Wissenschaft als auch für die Wirtschaft kommen - beispielsweise was die geistigen Eigentumsrechte anbelangt.

Themenfelder für die Kooperation gibt es mehr als genug. So lebt bereits heute mehr als die Hälfte der Chinesen in Städten. Die Urbanisierung wie auch die Industrialisierung werden weiter voranschreiten - mit all den Folgen für Energieversorgung, Verkehrsinfrastruktur und Umwelt. So sind fast 60 Prozent des chinesischen Grundwassers von schlechter oder sehr schlechter Qualität. Rund ein Fünftel des Agrarlandes ist ebenfalls stark belastet. China hat daher große Sanierungsprogramme, die für die deutsche Umwelttechnologie und -forschung eine große Chance sind. Seit Jahren arbeiten wir im Wassersektor wissenschaftlich und technologisch gut zusammen.

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Foto: RP. DPA

Alles in allem: In der Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit müssen wir China auf Augenhöhe begegnen - als ernst zu nehmendem Konkurrenten und wichtigem Kooperationspartner. Der Austausch von Wissen und Erfahrungen, die Entwicklungen gemeinsamer Innovation und Technologien, der Zugang zu Forschungseinrichtungen und Ideen kann für beide Seiten ein großer Gewinn sein.

(RP)
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