Klöckner nimmt Merkel in Schutz "Beschluss zum Doppelpass ist kein Votum gegen Merkel"

Mainz · Der Streit um das Votum des CDU-Parteitages gegen den Doppelpass zieht in der Union immer weitere Kreise. CDU-Vize Julia Klöckner verteidigte am Donnerstag den Hinweis von Kanzlerin Angela Merkel, dass sie diesen Beschluss in der Koalition vor der Wahl 2017 nicht umsetzen werde.

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Foto: dpa, ped soe tba

"Dass sich in dieser Legislaturperiode nichts mehr am Koalitionsvertrag und somit am Regierungshandeln in dieser Sache ändert, ist klar", teilte die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende mit. Sie betonte, dass sie selbst mit der Parteispitze gegen den Antrag der Jungen Union gestimmt habe. Am Mittwoch hatte sie den Beschluss des Parteitages gegenüber unserer Redaktion noch als "Ausdruck einer lebendigen Demokratie" begrüßt.

Klöckner sieht in dem Parteitagsbeschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft kein Votum gegen die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Die Entscheidung sei weder gegen Merkel noch gegen sonst irgendjemanden gerichtet, sagte sie am Donnerstag in Mainz. "Bei der CDU heißen wir entweder Kanzlerwahlverein oder wir schwächen jemanden. Ich finde, dazwischen gibt es auch noch ein bisschen was."

Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, forderte dagegen, die Optionspflicht für in Deutschland geborene Deutsche mit einem zweiten Pass wieder einzuführen. "Die Forderung, den damaligen Kompromiss mit der SPD sachgerecht zu überprüfen, halte ich auch für richtig", sagte sie der Funke-Mediengruppe.

Der CDU-Parteitag hatte am Mittwoch überraschend mit knapper Mehrheit einem Antrag der Jungen Union zugestimmt, die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern wieder einzuführen. In der Debatte hatte zuvor das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn gegen Innenminister Thomas de Maiziere argumentiert. Dieser hatte ebenso wie Unions-Fraktionschef Volker Kauder darauf verwiesen, dass eine solche Forderung nicht umsetzbar sei. CDU-Chefin Merkel hatte nach Ende des Parteitages betont, dass sie zu dem 2014 mit der SPD getroffenen Kompromiss stehe und den Beschluss des Parteitages für falsch halte.

Experte gegen Abschaffung des Doppelpasses

Derweil hat der Religionssoziologe Detlef Pollack vor einer Abschaffung des Doppelpasses in Deutschland gewarnt. "Die Politik sollte tunlichst vermeiden, Menschen zu zwingen, sich für oder gegen ihre Herkunft zu entscheiden. Diese Entweder-oder-Frage würde das Gefühl der Ausgrenzung verstärken", sagte Pollack am Donnerstag der Deutschen-Presse-Agentur. Integration könne nur gelingen, wenn die Zugewanderten, um in Deutschland anzukommen, sich nicht von ihrer Herkunftsidentität distanzieren müssten.

Nach Einschätzung von Pollack, der zur Integration von Deutschtürken geforscht hat, ist der Doppelpass für die Betroffenen eigentlich gar nicht entscheidend. Gute Integration machten für sie etwa das Lernen der deutschen Sprache oder gute Kontakte zu Deutschen aus. "Erst wenn man die Menschen vor die Wahl stellt, wird dieses Thema wichtig. Sie fragen sich dann, ob sie überhaupt anerkannt sind, und werden so gedrängt, ihre Herkunft zu verteidigen." Die große Mehrheit sei stolz auf ihre Herkunft und fühle sich zugleich verbunden mit Deutschland.

CDU, CSU und SPD hatten sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf die Abschaffung des Optionszwangs für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern geeinigt. Im Koalitionsvertrag lautet die entsprechende Passage: "Für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern entfällt in Zukunft der Optionszwang und die Mehrstaatigkeit wird akzeptiert. Im übrigen bleibt es beim geltenden Staatsangehörigkeitsrecht."

Die CDU hatte den Koalitionsvertrag am 9. Dezember 2013 bei einem Kleinen Parteitag in Berlin fast einstimmig abgesegnet: Es gab keine Nein-Stimme und nur zwei Enthaltungen. Auch das heutige CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, das sich auf dem CDU-Parteitag in Essen massiv für ein Ende des Kompromisses mit der SPD stark gemacht hatte, war damals dabei.

(felt/REU/dpa)
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