Besuch in Eindhoven Kanzlerin lobt Niederlande

Eindhoven · Für Bundeskanzlerin Angela Merkel war es in Eindhoven fast ein Heimspiel. Von der EU-Skepsis unserer Nachbarn zeigt sie sich nicht beeindruckt.

 Gemeinsame Erklärung in Den Haag: Angela Merkel, Mark Rutte.

Gemeinsame Erklärung in Den Haag: Angela Merkel, Mark Rutte.

Foto: dpa, cs

Deutschland und die Niederlande sind so eng befreundet, dass man sich wundert, warum es erst die zweiten Regierungskonsultationen dieser Art waren. Die ersten fanden 2013 in Kleve statt. Im Regen sagte Merkel damals, ein solches Treffen sei längst überfällig gewesen. Heute, zwei Jahre später, dankte sie im High Tech Campus am Rand von Eindhoven den Niederlanden, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, besonders für ihr Engagement für Europa und in der Flüchtlingsfrage. "Das ist vor allem dir, lieber Mark, zu verdanken", sagte Merkel an den niederländischen Premier Mark Rutte gerichtet. Den EU-Türkei-Plan etwa fädelten Merkel und Rutte gemeinsam ein. Es gelte nun, die Flüchtlinge "solidarisch in Europa zu verteilen" und die Ursachen der Flucht anzugehen, so die Kanzlerin.

168 Milliarden Euro

Doch nicht nur politisch, auch wirtschaftlich floriert die Beziehung beider Länder. Der Umfang des bilateralen Handels betrug zuletzt rund 168 Milliarden Euro. Die Niederlande sind damit Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner nach Frankreich.

Einziger Wehrmutstropfen in der glücklichen Beziehung könnte derweil die neu entdeckte Vorliebe der Niederlande für Referenden sein. Dem Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine erteilte die Bevölkerung vor wenigen Wochen bereits eine Absage. Nun sammeln Initiativen fleißig Unterschriften gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, das zwischen der EU und den USA ausgehandelt werden soll. Eine Anti-EU-Stimmung ist in den Niederlanden kaum noch zu übersehen. In den vergangenen Wochen las man gar das Wort "Nexit" in den Zeitungen — angelehnt an den möglichen Austritt der Briten aus der EU, dem "Brexit". Merkel begegnete dem jedoch mit der gleichen Gelassenheit, die Rutte in der Referendums-Nacht ausstrahlte. "Ich bin davon überzeugt, dass die niederländische Regierung den Ausgang des Referendums richtig werten wird. Dazu bedarf es keiner deutschen Kommentare", sagte Merkel.

Auch der Fall Böhmermann tauchte kurz vor den Konsultationen in indirekter Form wieder auf. Gerade als Premier Rutte seiner "Freundin Angela" in Middelburg den Four Freedoms Award verlieh, kam die Nachricht, das türkische Konsulat in Rotterdam habe die Türken in den Niederlanden dazu aufgerufen, Beleidigungen von Türken und des türkischen Präsidenten Erdogan zu melden. "Ich bin sehr überrascht", kommentierte Premier Rutte die Meldung. "Es ist mir bisher nicht deutlich, was die türkische Regierung mit dieser Aktion bezwecken will. Das ist keine gute Sache."

Im Zeichen der Innovation

Die Regierungskonsultationen in Eindhoven standen eigentlich im Zeichen der Innovation. Im Vorfeld der gemeinsamen Aussprache ließen sich Angela Merkel und Mark Rutte durch das niederländische Unternehmen ASML führen. Ob sich Rutte genauso für die dort entwickelte Halbleitertechnik interessierte, wie man es von der promovierten Physikerin Merkel zumindest erwarten würde, wurde aber nicht deutlich.

Zeitgleich besuchten die beiden Außenminister, Frank-Walter Steinmeier und Bert Koenders, die renommierte Design Academy Eindhoven. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein niederländischer Kollege Henk Kamp waren bei Philips zu Gast und die beiden Staatssekretäre tourten durch das Forschungsinstitut Solliance Solar Research.

(jaco)
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