Bundesverfassungsgericht hat entschieden Karlsruhe kippt neues Wahlrecht

Karlsruhe · Das neue Wahlrecht für Bundestagswahlen ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe entschieden.

Das seit Dezember 2011 geltende neue Verfahren der Sitzverteilung für den Bundestag verstoße gegen die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie gegen die Chancengleichheit der Parteien, urteilten die Richter.

Die Richter beanstandeten vor allem den Effekt des sogenannten negativen Stimmgewichts. Dieses kann dazu führen, dass die Abgabe einer Stimme der jeweiligen Partei bei der Berechnung der Abgeordnetenzahl im Ergebnis schadet. Grund hierfür ist die Bildung von Sitzkontingenten in den einzelnen Bundesländern.

Die Richter kritisierten auch, dass das Wahlrecht die Möglichkeit zahlreicher Überhangmandate schaffe. Solche Zusatzmandate können entstehen, wenn eine Partei mehr Sitze im Parlament über Direktmandate in den Wahlkreisen gewinnt, als es ihrem Anteil an Zweitstimmen entspricht. Diese Mandate kommen tendenziell den großen Parteien zugute - bei der vergangenen Bundestagswahl 2009 gingen alle 24 Überhangmandate an die Union.

Überhangmandate seien zwar nicht grundsätzlich verboten, entschieden die Richter. Es dürften jedoch nicht so viele werden, dass sie "den Grundcharakter der Bundestagswahl als Verhältniswahl aufheben". Die Höchstgrenze liege derzeit bei etwa 15 Überhangmandaten, sagte Voßkuhle.

Über 3.000 Klagen

Nach seinen Worten wurde mit der Entscheidung in Karlsruhe Rechtssicherheit hergestellt. "Das bewährte deutsche Wahlrecht bleibt in seinen Grundzügen erhalten", erklärte der FDP-Politiker. Die Änderungswünsche des Gerichts seien "technischer Natur und gut umsetzbar". Die FDP werde alles dafür tun, dass das neue Wahlrecht noch rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl verabschiedet werden wird.

Mit dem Karlsruher Urteil hat die schwarz-gelbe Koalition aus Sicht der SPD "die Quittung dafür bekommen, dass sie das Wahlrecht als Machtrecht missbraucht hat". Der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach von einem "guten Tag für unsere Demokratie" und für die Bürger. "Die Koalition muss jetzt reden.

Alleingang "nicht möglich"

Ein erneuter Alleingang ist nicht mehr möglich. Wir stehen für schnelle Gespräche bereit", fügte Oppermann hinzu. Die SPD habe bereits im vergangenen Jahr einen Vorschlag für ein verfassungskonformes Wahlrecht gemacht.

Die SPD-Fraktion gehörte zu den Klägern in Karlsruhe. "Gewonnen!", twitterte Oppermann unmittelbar nach Verkündung des Urteils.

Reaktion der Kanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt das Karlsruher Urteil zum Wahlrecht "mit Respekt zur Kenntnis". Vize-Regierungssprecher Georg Streiter fügte hinzu, das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung "Klarheit" geschaffen. Das Urteil müsse nun "sorgfältig und zügig geprüft" werden.

Das Wahlrecht liege aber "in der Hoheit des Parlaments", fügte Streiter hinzu. Darüber müsse der Bundestag in eigener Zuständigkeit entscheiden.

mit Agenturmaterial

(AFP/dpa/APD)
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