Streit über Afghanistan-Reise der Guttenbergs Katzenberger-Spruch wird für Gabriel zum Bumerang

Berlin (RPO). Der Streit über die Afghanistan-Reise von Karl-Theodor zu Guttenberg mit seiner Frau Stephanie und Talkmaster Johannes B. Kerner nimmt bizarre Züge an. Die Union schießt sich zunehmend auf SPD-Chef Sigmar Gabriel ein. Auslöser: dessen Frotzelei, jetzt fehle nur noch Frau Katzenberger.

Was Leser zum Truppenbesuch der Guttenbergs sagen
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Foto: dapd

Von allen Seiten schlug dem sonst so stilsicheren Minister nach seiner Afghanistan-Reise die Kritik entgegen. Noch am Tag nach der Rückkehr des Trosses zieh die Opposition den CSU-Poltiker der schamlosen Selbst-Inszenierung, "Frontschauspieler" höhnte die Presse. "Wer Krieg zur Fernsehshow trivialisiert, kann auf eine 'reizende Assistentin' nicht verzichten", ätzte die Frankfurter Rundschau.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin legte am Dienstag nach. Eine "solche Inszenierung in einem der schwersten Konfliktherde der Welt" sei an "Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten". Mit der "PR-Aktion" habe Guttenberg die Grenzen seines Amtes überschritten. Guttenberg hätte den deutschen Soldaten lieber erklären sollen, wie lange sie dort noch ihr Leben riskieren müssten, "anstatt sie als Staffage für eine Personality-Show zu nutzen".

Guttenberg verteidigt sich

Selbst der Koalitionspartner hatte etwas an dem Afghanistan-Trip herumzumäkeln. "Ich würde dem Minister zu mehr Zurückhaltung raten und ihm stattdessen empfehlen, die nach wie vor bestehenden Ausbildungs- und Ausrüstungsdefizite bei der Truppe zeitnah zu beheben", ließ die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff den Minister über den "Kölner Stadt-Anzeiger" wissen. Die Anwesenheit von Starmoderatoren sei das Letzte, was die Truppe derzeit brauche.

Guttenberg selbst lässt das alles offensichtlich kalt. "Ich werde meine Frau selbstverständlich wieder zu den Soldaten mitnehmen, wenn wir das für richtig halten, so wie es gestern richtig war", stellte Guttenberg in Berlin klar. Auch die Mitreise Kerners verteidigt er ausdrücklich. Er werde weiter Journalisten mitnehmen, wenn dies dazu diene, das Verständnis über die Lage der Bundeswehrsoldaten vor Ort zu verbessern, betonte der CSU-Politiker.

Union knöpft sich Sigmar Gabriel vor

Die Unionsfraktion gibt ihm volle Rückendeckung. Spitzenpolitiker von CDU und CSU betonten am Dienstag in Berlin, die Soldaten hätten begeistert auf die Stippvisite reagiert, und allein das zähle. Stattdessen rückt ein anderer ins Feuer: Zunehmend entzündet sich an SPD-Chef Sigmar Gabriel und seinen frotzeligen Bemerkungen zu dem Besuch die Kritik.Kanzlerin Angela Merkel nannte Gabriels Verhalten gar "betrüblich".

Gabriel hatte nach dem vorweihnachtlichen Besuch der Guttenbergs unter anderem höhnisch erklärt, jetzt fehle nur noch der Truppenbesuch des Models Daniela Katzenberger. "Da hätten wenigstens die Soldaten was davon", so Gabriel. Katzenberger, das sollte man wissen, hat sich als personifiziertes TV-Dummchen mit künstlich-praller Oberweite einen Namen gemacht. Das aus Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz stammende TV-Sternchen nennt sich selbst die "natürlichste unnatürliche Blondine der Welt". Jetzt hat sie mit ihrer zweifelhaften Popularität tatsächlich die Ebene der Bundespolitik erreicht.

Der SPD-Chef soll sich entschuldigen

Jetzt fliegt dem SPD-Chef sein Katzenberger-Spruch um die Ohren. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) meinte, bei Gabriels Bemerkung sei wohl "der Wunsch der Vater des Gedankens" gewesen. "Mich interessiert nicht 'ne Spur, was Herr Gabriel dazu sagt, sondern mich interessiert, was die Soldatinnen und Soldaten dort dazu sagen". Seinem Eindruck nach schätze man es in Afghanistan sehr, dass der Einsatz gerade zum jetzigen Zeitpunkt in der Öffentlichkeit stärker sichtbar werde.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte, es sei ein "wichtiges Zeichen" gewesen, dass Guttenberg die Soldaten bereits zum siebten Mal besucht habe. Auch Friedrich kritisierte SPD-Chef Gabriel scharf. "Ich glaube, es ist eine Beleidigung unserer Soldatinnen und Soldaten, dass ihnen Herr Gabriel seine eigene offensichtliche Primitivfantasie unterstellt". CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte laut "Spiegel Online" eine Entschuldigung von Gabriel.

Pin-up-Girl oder Minister-Gattin?

Rita Pawelski, in der Unionsfraktion Vorsitzende der Gruppe der Frauen, haut in die gleiche Kerbe. "Herr Gabriel muss sich bei den deutschen Truppen und deren Familien für die Unterstellung und das Klischee, dass sich die Soldaten so fern der Heimat und ihrer Familien mehr über einen Besuch von Frau Katzenberger gefreut hätten, entschuldigen." Eine derart verachtende Äußerung sei der Gipfel der Geschmacklosigkeit und zeige, was für ein Bild der SPD-Vorsitzende von Soldaten hat. "Glaubt er wirklich, dass sie 'scharf' darauf sind, lieber mit einem 'Pin-up-Girl' zu reden als mit der Frau eines Ministers", so die Unions-Politikerin. Der Grund seiner "prolligen Bemerkung" sei vor allem Neid.

Hinzu kommt: Es ist nicht das erste Mal, das Gabriel durch ein loses Mundwerk den Unmut der politischen Gegner auf sich zieht. CDU-Chefin Merkel erinnerte dazu in einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion nach Angaben von Teilnehmern an Gabriels Äußerungen während der Kandidatenkür zur Nachfolge von Bundespräsident Horst Köhler. Gabriel hatte damals gesagt, der Theologe Joachim Gauck bringe "ein Leben mit", Gegenkandidat Christian Wulff "eine politische Laufbahn". Zudem erinnerte Merkel an die Veröffentlichung einer SMS durch Gabriel in diesem Zusammenhang. "In der Summe ist das betrüblich. So geht das nicht. Das muss man ihm auf feine Art deutlich machen", sagte die Kanzlerin den Angaben zufolge.

(apd/RTR/pst)
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