Interview mit Stefan Mappus "Kein Volksentscheid zu Stuttgart 21"

Stuttgart (RP). Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, fordert im Interview mit unserer Redaktion höhere Gehälter für Arbeitnehmer, greift die Grünen scharf an und will den umstrittenen Bau des neuen Stuttgarter Bahnhofs besser kommunizieren. Am Ende will er das Projekt durchziehen.

Das ist Stefan Mappus
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Die Wirtschaft brummt, in Baden-Württemberg besonders kräftig. Wann profitieren die Arbeitnehmer beim Geld vom steilen Aufschwung?

Mappus Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell so viel besser wird. Daimler hatte den besten Frühsommer der Unternehmensgeschichte und Baden-Württemberg insgesamt die beste Wirtschaftsentwicklung aller Bundesländer. Nachdem die Angestellten, Arbeiter, auch die öffentlich Bediensteten zuletzt beim Lohn zurückstecken mussten, muss jetzt auch der sprichwörtliche Schluck aus der Lohnpulle kommen. Die Arbeitnehmer müssen vom Aufschwung etwas spüren und haben.

Heiner Geißlers alter Satz gilt also mehr denn je, wonach die Leute das Gefühl haben müssten, dass es gerecht zugehe in Deutschland, wenn die CDU regiere?

Mappus Uneingeschränkt ja. Wenn Arbeitnehmer ständig erfahren, wo beispielsweise wie viel Geld zur Bankenrettung bereitgestellt wird, würden sie angesichts der Wirtschaftsentwicklung nicht verstehen, wenn für sie bei Gehaltserhöhungen nichts drin wäre. Spürbare Lohnerhöhungen sind jetzt einfach ein Gebot der Gerechtigkeit -- und auch zu verantworten. Die Arbeitnehmer haben ja einen großen Anteil an diesem grandiosen Aufschwung. Es wird die Wirtschaft nicht schwächen, wenn die Arbeitnehmer jetzt bei den Tarifverhandlungen etwas herausholen.

Die CDU könnte bei der Landtagswahl im Südwesten Ende März 2011 ihr Waterloo als Regierungspartei erleben. Jagen Ihnen die Grünen scharenweise bürgerliche Wähler ab?

Mappus Der Wandel hinterlässt auch bei der CDU Spuren. Das sehen wir auch beim Großprojekt "Stuttgart 21". Hier müssen wir offensiv informieren und zugleich die Sorgen vieler Menschen ernst nehmen. Die CDU hat als Volkspartei nur eine Zukunft, wenn sie ihr Fundament nicht verlässt und auf dieser stabilen Basis Positionen entwickelt.

Was heißt das konkret?

Mappus Man gewinnt Wahlen nicht nur, wenn man vermeintlich populäre Themen behandelt.

Sondern?

Mappus . . . dadurch, dass Menschen ein Gespür dafür entwickeln, ob eine Partei das Land in die richtige Richtung führt — bei der Energieversorgung, der Haushaltskonsolidierung, der Gesundheitsreform, der Inneren Sicherheit.

Und die Mitglieder der bürgerlichen Außerparlamentarischen Opposition, die am Stuttgarter Bahnhof zu besichtigen ist, hat die Union verloren?

Mappus Die Grünen versuchen im Moment überall, wo es Protest gibt, Stimmen für sich einzusammeln, nicht nur beim Jahrhundertprojekt Stuttgart 21. Ich habe dieses Projekt ja übernommen und festgestellt, dass viel zu wenig kommuniziert worden ist. Wir müssen jetzt gut, klar und sachlich über dieses Generationenprojekt informieren. Ich glaube fest daran, dass Stuttgart 21-Skeptiker zu überzeugen sind. Die Mehrheit der Bevölkerung und auch der Skeptiker ist offen gegenüber guten Argumenten der Befürworter, hat aber beispielsweise Sorgen vor Gigantismus.

Was ist mit dem vielfach gewünschten Volksentscheid?

Mappus Wir halten uns an die Verfassung, die keinen Volksenscheid vorsieht. Professor Kirchhoff hat das klar herausgearbeitet.

Wird gerade das Projekt "Schwarz-Grün" bundesweit zu Grabe getragen?

Mappus Es gibt zwischen CDU und Grünen sehr wenig Übereinstimmung, ob bei Energie, Verkehr, Wirtschaft, Bildung. Wir arbeiten aber mit der FDP erfolgreich zusammen — und für ein Bündnis ist doch zuerst wichtig, dass es inhaltlich viele Schnittmengen gibt. Da muss man nicht dauernd über "Schwarz-Grün" reden, die Menschen werden doch sonst an der Politik irre.

Was sagen Sie zum phänomenalen Guttenberg-Aufstieg?

Mappus Es ist gut, dass Guttenberg bei uns in der Union ist. Wir bräuchten mehr Guttenbergs, auch mehr von der Leyens und mehr Kochs und andere Persönlichkeiten. Sie alle adeln die Union.

Reinhold Michels führte das Gespräch

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