Interview mit Philipp Mißfelder "Keine belastende Zuwanderung mehr"

Berlin (RP). Philipp Mißfelder, Mitglied des CDU-Präsidiums und Chef der Jungen Union hat sich gegenüber unserer Redaktion über Zuwanderung aus fremden Kulturen und über die Familienpolitik aus Sicht junger Väter und Mütter und dem am Freitag in Potsdam beginnenden Deutschlandtag der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU geäußert.

Mit seiner Forderung, Zuwanderung aus fremden Kulturen zu stoppen, hat CSU-Chef Seehofer sicherlich Stoff für Ihr Bundesdelegiertentreffen geliefert.

Mißfelder Wir sind gespannt auf Horst Seehofers Rede bei unserem Deutschlandtag. Mit seiner Äußerung über Integration hat er den Nerv vieler Menschen getroffen. Es gibt eine sehr große Verängstigung in der Bevölkerung. Auch in der Anhängerschaft der Union ist dies ein umstrittenes Thema. Die Bereitschaft ist erschöpft, weitere Zuwanderung in unsere Sozialsysteme hinzunehmen. Wir brauchen positive Migration, die den Arbeitsmarkt stimuliert und nicht eine solche, die den Sozialstaat belastet. Wichtiger als die Gestaltung der nächsten Zuwanderungswellen ist jedoch, wie wir mit den Menschen umgehen, die schon in unserem Land wohnen, zum Teil sogar bei uns geboren sind.

Was will die Junge Union erreichen?

Mißfelder Wir brauchen zum Beispiel verbindliche Sprachtests vor der Einschulung jedes Kindes in allen Bundesländern. Die Sprachkompetenz ist der Schlüssel für die Integration. Eine Deutschpflicht für Schulhöfe müssen die Schulen selbst auf den Weg bringen, nicht der Gesetzgeber.

Warum haben Sie die "Familie" zum Leitthema des Deutschlandtages gemacht?

Mißfelder Damit soll klar werden, dass die Junge Union auch in der Familienpolitik für einen modernen Konservatismus steht. Wir stellen das traditionelle Familienbild ins Zentrum unserer Überlegungen. Dabei beschäftigt uns auch die Herausforderung, Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können. Meine beiden Stellvertreterinnen Dorothee Bär und Nina Warken sind Mütter, ich selbst bin junger Vater, für uns stellt sich die Frage sehr viel konkreter und lebensnäher als vielen anderen.

Was folgt daraus?

Mißfelder Die Forderung, mehr auf die Erziehungskompetenz der Eltern zu setzen. Sie müssen wir auch mit Unterstützung des Staates stärken. Aber es muss gewährleistet sein, dass die Mittel zu hundert Prozent dem Kindeswohl gelten und bei den Kindern ankommen. Deshalb ist das Betreuungsgeld so wichtig. Wir werden am Wochenende in einer sicher spannenden Debatte die Frage klären, ob das Betreuungsgeld bar oder in Gutscheinform ausgezahlt werden soll.

Wie denken denn die "Praktiker" über die Situation der Kinderbetreuung?

Mißfelder Es gibt viele Regionen, in denen normal und gut verdienende Eltern aufgrund der örtlichen Sozialstruktur viel zu hohe Beiträge für einen Kindergartenplatz zahlen müssen. Wer hier 400 oder 500 Euro im Monat aufzubringen hat, der überlegt sich natürlich, mit anderen lieber einen eigenen Kindergarten zu gründen, der dann besondere Angebote hat, während der staatlich getragene Kindergarten vor allem für sozial Schwächere bleibt. Das ist nicht gut.

Was bedeutet das "C" bei CDU und CSU für die Familienpolitik?

Mißfelder Wir fühlen uns auch in der Familie christlichen Werten verpflichtet. Das C ist über die Familienpolitik hinaus Klammer für die Union, aktuell etwa bezogen auf den Schutz des Lebens. Wir machen den Lebensschutz ganz am Anfang des Lebens fest. Und deshalb treten wir für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) ein. Wir müssen sehr vorsichtig sein mit der Zulassung von Methoden, die zu der Unterscheidung führen können, welcher Embryo eine Lebensberechtigung erhält und welcher nicht.

Die Kanzlerin kommt auch zum Deutschlandtag. Was erwarten Sie von Ihr?

Mißfelder Ich freue mich, dass Angela Merkel wieder den Weg zur Jungen Union findet, nachdem sie vor einem Jahr abgesagt hat. Wir empfangen sie aber in erster Linie nicht als Bundeskanzlerin sondern als Parteivorsitzende. Die CDU steht vor einem schwierigen Wahljahr. Wir müssen klar herausstellen, wie wichtig eine bürgerliche Politik für Deutschland ist. Ich halte es für falsch, sich bei den Grünen anzubiedern. Es gibt eine bürgerliche Gestaltungsmehrheit im Bundestag. Wir müssen sie entschlossen nutzen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Wie finden Sie die kämpferische Kanzlerin, etwa beim Bahn-Projekt Stuttgart 21?

Mißfelder Sehr gut. Die Junge Union hat immer für mehr Klarheit im CDU-Profil geworben. Das bekommen wir jetzt durch eine engagierte Kanzlerin im "Herbst der Entscheidungen". Die Junge Union steht geschlossen hinter Stuttgart 21. Wir müssen der verbreiteten Infrastrukturfeindlichkeit in diesem Land entgegen treten. Das passt nicht zu einer erfolgreichen Industrienation. Deswegen ist es auch Aufgabe einer bürgerlichen Regierung, wichtige Zukunftsprojekte durchzusetzen.

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