Recht auf Kleinkindbetreuung tritt in Kraft Kita-Anspruch: Was Eltern jetzt tun können

Berlin · Ab dem heutigen Donnerstag ist es so weit: Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Ein- und Zweijährige gilt. Doch was können Eltern tun, wenn ihre Kinder leer ausgehen? Sollen sie klagen? Familienministerin Kristina Schröder sagt Ja. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um den Betreuungsanspruch.

Zahl der Kinder in Kitas nach Bundesländern
Infos

Zahl der Kinder in Kitas nach Bundesländern

Infos
Foto: dpa, Caroline Seidel

Kristina Schröder (CDU) hat an diesem Tag vor allem Lob übrig. Gleich zwei Kitas besuchte sie am heutigen Donnerstag, dem ersten Tag des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Ein- und Zweijährige. "Deutschland hat bei dem Thema Kinderbetreuung lange anderen Ländern hinterher gehinkt, aber nun in einem echten Kraftakt ganz enorm zugelegt", sagte die Ministerin in Hamburg und fügte hinzu: "Es ist ein ganz besonders wichtiger Tag für die Familien und die Politik in Deutschland."

Bund und Länder gehen davon aus, dass es annähernd ausreichend Plätze für die Kleinen gibt. Der Städtetag erwartet aber vor allem in Großstädten Engpässe. Ob es tatsächlich hier und da Probleme geben wird, wird sich nun erst zeigen. Eltern bleibt dann immerhin noch der Rechtsweg.

Was können Eltern tun, wenn ihr Kleinkind leer ausgeht?

Sie können vor dem Verwaltungsgericht auf einen Platz klagen. Gerade erst hat Ministerin Schröder Eltern geraten, von diesem Klagerecht Gebrauch zu machen. Weil eine Klage vielen aber zu langwierig ist, empfehlen Rechtsanwälte, ein Eilverfahren anzustrengen. So ist die Stadt Köln vor zwei Wochen per Eilentscheid verpflichtet worden, zwei Kleinkindern einen Platz zu verschaffen. So manche Kanzlei scheint ein Geschäft zu wittern und wirbt: "Wir klagen Ihr Kind in die Kita ein!" Andere Anwälte halten es für sinnvoller, selbst initiativ zu werden, das Kind privat — oft teurer — unterzubringen und die Mehrkosten via Schadenersatzverfahren von der Kommune einzufordern.

Können Eltern immer zwischen Kita und Tagesmutter wählen?

Laut Gesetz besteht ein Recht auf Frühförderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Manche Rechtsexperten bewerten das ausdrücklich als Entweder-Oder-Wahlrecht. Thomas Meysen vom Institut für Jugendhilfe und Familienrecht sagt dagegen, man müsse auch die jeweils andere Alternative akzeptieren, wenn nicht beide Varianten zur Verfügung stehen. Und das wird nach Ansicht des Städtetags definitiv nicht überall der Fall sein. Laut Kölner Eilentscheid ist der Elternwille entscheidend. Die unterlegene Stadt Köln hat aber Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Viele glauben, dass dieses die Gerichtsentscheidung kassieren wird.

Welche Variante ist denn besser?

Kita und Tagespflege stehen gleichwertig nebeneinander. Der Bund geht davon aus, dass gut zwei Drittel aller Plätze in einer Tageseinrichtung und rund 30 Prozent bei Tagesmüttern oder -vätern bereitstehen. In Kitas muss mindestens eine Kraft ausgebildete Erzieherin sein. Gruppengröße und Betreuer-Kind-Schlüssel legen die Länder fest. Tagesmütter können maximal fünf Kinder daheim aufnehmen oder kommen mitunter auch in den Haushalt der Eltern. Sie werben mit Flexibilität und Familienähnlichkeit. Tagesmütter müssen eine 160-Stunden-Qualifizierung absolvieren und brauchen vom Jugendamt eine Pflegeerlaubnis.

Wie steht es um die Qualität der U3-Betreuung?

Die umfassende und viel beachtete Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (Nubbek-Studie) kam im Frühjahr zu ernüchternden Ergebnissen. Die pädagogische Arbeit in deutschen Kitas sei "im Durchschnitt nur mittelmäßig". Quantität gehe vor Qualität. Die Kommunen betonen bei ihren Ausbau-Anstrengungen stets, dass sie Qualitätsansprüche hochhalten. Experten raten, genau auf den Schlüssel zu achten, wie viele ausgebildete Erzieherinnen auf wie viele Kleinkinder kommen. Nach dem Ausbau der Kita-Plätze konzentriert sich nun die Debatte vermehrt auf die Qualität.

Was ist wichtig für das Wohl der Kleinsten?

Kontinuität und Verlässlichkeit gehören dazu. Wird ein einjähriges Kind nur an zwei Tagen in der Woche gebracht, bleibt es immer fremd in der Gruppe. Regelmäßigkeit im Tagesablauf gibt den Kleinsten Sicherheit. Umstritten ist die Übernacht-Betreuung. Das Kind sollte niemals im Schlaf oder Halbschlaf in die Einrichtung kommen und immer von derselben Betreuungsperson zu Bett gebracht werden, die es dann am nächsten Morgen auch weckt. Mehr als 45 Wochenstunden externe Betreuung gelten als nicht förderlich.

In welchem Umfang haben Eltern Anspruch auf Betreuung?

In der Regel werden Halbtagsplätze angeboten. Ein- und zweijährige Kinder haben darauf auch dann einen Anspruch, wenn deren Eltern nicht arbeiten gehen. Das Angebot soll dem Eltern-Bedarf entsprechen. Wem ein Halbtagsplatz nicht reicht, der muss seinen erhöhten Bedarf nachweisen. Ob dabei Schichtarbeiter auch ein Übernacht-Angebot beanspruchen können, muss möglicherweise individuell geklärt werden.

Was gilt als zumutbar?

Der Platz muss in zumutbarer Nähe liegen — bisher wird das überwiegend definiert mit rund einer halben Stunde Zeitaufwand für eine Strecke. Bei speziellen Wünschen wie einer integrativen Gruppe oder Montessori-Pädagogik sind Absagen wohl angesichts geringer Kapazitäten hinzunehmen.

(lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort