Kundus-Affäre der Bundeswehr Klein wollte seine Soldaten schützen

Berlin (RP). Als erster Zeuge des geheim tagenden Untersuchungsausschusses hat Oberst Georg Klein seinen Befehl verteidigt, der in Afghanistan im September zum Tod von bis zu 142 Menschen führte.

Afghanistan: Das Protokoll des Luftangriffs
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Foto: AP

Berlin (RP). Als erster Zeuge des geheim tagenden Untersuchungsausschusses hat Oberst Georg Klein seinen Befehl verteidigt, der in Afghanistan im September zum Tod von bis zu 142 Menschen führte. </p>

Die Befragung im Berliner Untersuchungsausschuss dauerte fast so lange wie die Zeit, die in der Nacht zum 4. September vergangenen Jahres zwischen der Entführung von zwei Tanklastern durch die Taliban und deren Bombardierung auf deutschen Befehl verging: mehr als fünf Stunden. Selbst die Opposition, für die sich hinterher mehr neue Fragen als geklärte Antworten ergaben, zollte Oberst Klein ihren ausdrücklichen Respekt. "Er hätte aus juristisch sauberen Gründen die Aussage verweigern können", meinte Grünen-Obmann Omid Nouripour.

Doch Klein ließ seinen Anwalt draußen vor dem Ausschusssaal die weit verbreitete "Vorverurteilung" beklagen und nutzte drinnen vor den Abgeordneten die erste Zeugenanhörung dazu, die Vorgänge in Kundus im größeren Zusammenhang darzustellen. Dabei unterstrich er, seiner Auffassung von umfassender Führungsverantwortung entsprechend gehandelt und ohne Einschaltung vorgesetzter Dienststellen den Befehl zum Bombenabwurf gegeben zu haben.

Für ihn habe sich die Situation jener Nacht als akute Gefährdung der deutschen Soldaten dargestellt. Außerdem habe er davon ausgehen können, dass Zivilisten im Umfeld der festgefahrenen Tanklaster nicht gefährdet würden. So jedenfalls schilderten die Obleute noch während der laufenden Befragungen die wichtigsten Aussagen Kleins. Ernst-Reinhard Beck unterstrich: "Für mich ist die Entscheidung subjektiv nachvollziehbar." Einzige Motivation Kleins sei der Schutz der Soldaten gewesen. Klein habe "aus eigener Verantwortung" gehandelt.

FDP-Obmann Hellmut Königshaus zeigte sich "sehr beeindruckt" von der Zeugenaussage, die eine "geschlossene, klare Darstellung" ergeben habe. Klein habe an keiner Stelle nach Ausflüchten gesucht. Für die SPD bleiben Teile der Vorgänge jedoch "mysteriös", wie SPD-Obmann Rainer Arnold vor allem mit Blick auf die Beteiligung von Kommandokräften meinte. Auch nach den Erläuterungen Kleins bleibe er dabei, dass der Bombenangriff "nicht verhältnismäßig" und "falsch" gewesen sei. Nouripour sprach ebenfalls den noch verbliebenen Aufklärungsbedarf rund um die "Task Force 47" an, zu deren Wirken Klein wenig habe sagen können.

Jedoch sind durch Medien-Recherchen zu diesem Einsatz des Kommandos Spezialkräfte auch im Ausschuss neue Fragen entstanden. Denn die Bombardierung könnte in Verbindung gestanden haben mit dem "Abarbeiten" vertraulicher Listen mit Taliban, die von Spezialkräften "gefasst" oder "getötet" werden sollten.

In einer Regierungserklärung zum Afghanistan-Einsatz griff Außenminister Guido Westerwelle zu einer neuen Formulierung. Danach geht Deutschland nun offiziell von einem "bewaffneten Konflikt" am Hindukusch aus. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg begrüßte dieses "wichtige politische Signal". Er freue sich, dass die Bundesregierung nun zu einer einheitlichen Linie bei der völkerrechtlichen Bewertung der Situation gefunden habe. "Unsere Soldaten brauchen Rechtssicherheit", sagte der Minister, der seinerseits bereits von "kriegsähnlichen Zuständen" gesprochen hatte.

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