Bundespräsident spricht mit Soldaten Köhler besucht Truppen in Afghanistan

Mazar-i-Sharif (RPO). Bundespräsident Horst Köhler ist am Freitag überraschend zum Kurzbesuch deutscher Truppen in Afghanistan eingetroffen. Bei seiner knapp zweistündigen Visite am Freitag in Mazar-i-Sharif sicherte er der Bundeswehr den Rückhalt der Heimat zu. Das Staatsoberhaupt war zum ersten Mal in Afghanistan. Köhler, der von seiner Frau Eva Luise begleitet wurde, flog am Abend nach Deutschland zurück.

Horst Köhler in Afghanistan
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In seiner Rede vor mehreren hundert Soldaten sagte Köhler im Bundeswehrcamp: "Bundesregierung und Parlament nehmen die Verantwortung für jeden Einzelnen von Ihnen sehr, sehr ernst." Auch die deutsche Bevölkerung stehe dem Einsatz "alles andere als gleichgültig gegenüber". Es könne aber noch mehr dafür getan werden, "um Interesse und Anteilnahme" an dem Einsatz zu vertiefen. Der Bundespräsident versprach alles zu tun, "damit in Deutschland gewürdigt wird, was sie in Afghanistan leisten".

Zugleich räumte Köhler ein, dass der Einsatz am Hindukusch "schwer und gefährlich" sei. Aber er sei "richtig und legitim", fügte er hinzu. Er dankte den Bundeswehrangehörigen und betonte: "Sie sind bereit, das Höchste, ihr Leben, für unsere Werte für Frieden, Recht und Freiheit einzusetzen".

Die Soldaten waren kurzfristig über Email und das Bundeswehrradio "Andernach" über den Besuch des Staatsoberhaupts informiert worden. Im Anschluss an seine Rede kam Köhler mit Einzelnen ins Gespräch. "Ich will hören, wie sie denken, was Sie fühlen", rief er seinen Zuhörern zu. Als die Anwesenden zögerten, appellierte er erneut und betonte: "Ich komme nicht so schnell wieder."

Er habe die "Grundzuversicht", dass dieser Einsatz erfolgreich sein könne, sagte Köhler im Gespräch. Viele Soldaten äußerten sich jedoch skeptisch. Ein Deutscher, der derzeit afghanische Polizisten ausbildet, zweifelte daran, dass eine Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit an die Afghanen früher als in fünf oder zehn Jahren möglich sein werde. Ein weiterer gab zu bedenken, dass es am Hindukusch keinen klaren Gegner gebe. Ein dritter Soldat sagte, er sei zum zweiten Mal im Einsatz in Afghanistan und die Situation habe sich nach wie vor nicht verändert.

Die internationale Gemeinschaft strebt an, dass das Land bis 2014 für seine eigene Sicherheit sorgen kann. Das ist die Voraussetzung für einen Abzug der internationalen Truppen. Ein US-amerikanischer Soldat zeigte sich zuversichtlich, dass die gesetzten Ziele erreicht werden können. "Warum höre ich das nicht von Ihnen?" fragte Köhler die deutschen Streitkräfte.

Nach dem Gespräch äußerte sich Köhler zufrieden über den Besuch. Man sehe zum Teil Erfolge, aber es gebe auch gewisse Defizite, Nachteile und Mängel. Er sprach sich daher dafür aus, eine Zwischenbilanz zu ziehen, um ein "fundiertes Urteil" darüber zu bekommen, ob der Einsatz positiv verlaufe oder zu einer "Mission impossible" werden könne. "Wir können die Wende zum Besseren schaffen", fügte er hinzu.

Die Frage, ob in Afghanistan Krieg herrsche, beantwortete er mit den Worten: "Ich sage, das was die Soldaten mir sagen: Hier herrscht Krieg." Die politische und rechtliche Sprachregelung sei aber eine andere. Abschließend sprach er den Soldaten seinen Respekt für deren Professionalität und Gewissenhaftigkeit aus. "Und das bezieht sich jedenfalls für meine Person auch auf Oberst Klein."

Der deutsche Oberst Georg Klein war nach dem von ihm befohlenen Luftangriff bei Kundus, bei dem vor neun Monaten bis zu 142 Menschen starben, massiv in die Kritik geraten. Ihm droht ein Disziplinarverfahren, das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Nach seiner Landung in Mazar-i-Sharif hatte Köhler zunächst im Bundeswehrcamp den Ehrenhain besucht, wo an einer Mauer namentlich an die ums Leben gekommenen Soldaten erinnert wird. Der Bundespräsident verharrte zusammen mit dem Kommandeur des Regionalkommandos in Nordafghanistan, General Frank Leidenberger, in stillem Gedenken.

Deutschland hat in Afghanistan in den Standorten Mazar-i-Sharif, Kundus, Faisabad sowie in Kabul derzeit rund 3900 Bundeswehrsoldaten stationiert.

(DDP/awei)
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