Bundespräsident kritisiert Regierung Köhler ist von Schwarz-Gelb enttäuscht

München (RPO). Bundespräsident Horst Köhler kritisiert die Arbeit der Koalition. "Bei der Ernennung der Bundesregierung im Oktober habe ich ein paar Sätze gesagt, mit Bedacht: Ihr habt eine ordentliche Mehrheit. Das Volk erwartet jetzt tatkräftiges Regieren", sagte Köhler in einem Interview. "Daran gemessen waren die ersten Monate enttäuschend." Inzwischen trete in der Koalition aber Realismus ein.

Köhler verabschiedet die Große Koalition
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Köhler sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus", er sehe derzeit keinen Spielraum für massive Steuersenkungen. "Das wäre ein Vabanque-Spiel", warnte er. In einem Gesamtkonzept sei die steuerliche Begünstigung von Forschung und Innovation in den Unternehmen sinnvoll, aber auch eine Entlastung der Mittelschicht.

"Diejenigen, die sich an die Regeln halten und Steuern zahlen, die müssen sich doch manchmal richtig verladen vorkommen", sagte Köhler. "Ein junges Ehepaar mit zwei Kindern, das kommt gerade mal so hin. Für die Mittelschicht muss etwas geschehen."

Köhler verlangte mehr Mut zu Reformen in Deutschland. "Es geht um einen neuen Aufbruch zu Reformpolitik", sagte er. "Wir brauchen Langfristigkeit in der politischen Gestaltung und müssen Abstand nehmen von kurzlebigen Programmen."

Der Präsident mahnte: "Wir müssen weg von schuldengetriebenem Konsum. Davon wieder runter zu kommen, ist schwer wie ein Drogenentzug, aber unumgänglich für nachhaltiges Wachstum, das allen Menschen dient." Allerdings seien auch Mehrausgaben für Bildung und eine Entlastung der Mittelschicht nötig. Forschung in Unternehmen müsse steuerlich gefördert werden.

Köhler sprach sich für eine internationale Abgabe auf Finanztransaktionen aus. "Die 'Finanzindustrie' muss sichtbar an der Bewältigung der Kosten der Krise beteiligt werden", sagte er. "Wir brauchen auch Geld, um neue, dynamische Kräfte zu wecken. Deshalb kann ich nicht ausschließen - und ich sage das ganz bewusst -, dass auch Steuererhöhungen nötig sein können."

Köhler forderte, Deutschland müsse mehr Geld für Bildung ausgeben. "Fast ein Drittel unserer gesamtwirtschaftlichen Leistung wenden wir auf für staatliche Sozialleistungen, aber nur gut sechs Prozent für Bildung", kritisierte Köhler. "Angesichts dieser Relation müssen wir uns eigentlich vor unseren Kindern schämen."

(DDP/csi)
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