Fotos Köhlers Rücktritt stieß ein Bundespräsidenten-Roulette an
Vier Tage lang suchte Deutschland einen geeigneten Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Das Personal-Karrusselll nahm bereits am Tag nach dem Rücktritt von Horst Köhler mächtig Fahrt auf. Ein Rückblick.
Parteienforscher Jürgen Falter brachte den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) ins Spiel. Am Donnerstag, vier Tage nach dem Start der Spekulationen, zeigte sich, welch gutes Näschen Falter bewiesen hatte.
Zuvor wurde Ursula von der Leyen (CDU) als kommende Nummer eins im Staat gehandelt. Viel sprach für sie. Sie ist populär und hat das Zeug, auch außerhalb des schwarz-gelben Lagers Zustimmung zu finden. Wie Schavan soll sie auch schon 2004 im Kreis der Kandidaten gewesen sein. Sie selbst will sich nicht an Spekulationen beteiligen, schließt aber auch nichts aus.
Der Seeheimer Kreis der SPD warb für den ehemaligen Finanzminister: "Peer Steinbrück hat Format. Er ist international erfahren, hat den Mut, Impulse zu geben, und wird parteiübergreifend anerkannt."
Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim könnte sich als Nachfolgerin die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann vorstellen. "Frau Käßmann scheint mir interessant zu sein, die hat ein unglaubliches Charisma", so Arnim.
Nach einem Zeitungsbericht hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) gute Chancen. Lammert gelte in der Union als ein Kandidat, "der es auch für die Opposition schwer macht, sich in die Büsche zu schlagen", hieß es am Dienstag unter Berufung auf hochrangige CDU-Kreise.
Bildungsministerin Annette Schavan hält sich bislang bedeckt, wird aber ebenso als Kandidatin gehandelt. Die CDU-Politikerin war schon 2004 im Rennen für das Präsidentenamt. Damals gehörte sie zu den möglichen Kandidaten von Union und FDP - neben Köhler.
Nichts ausschließen will auch der geschwächte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Die Chancen für ihn, erneut Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei zu werden, sind nicht eben gut und schon mehrfach soll er mit einem Umzug ins Schloss Bellevue geliebäugelt haben. Am Montag heißt es noch: "Meine Aufgabe ist in Nordrhein-Westfalen." Rüttgers hätte allerdings den Makel einer Notlösung. Vielleicht taugt er doch eher als Nachfolger von Ursula von der Leyen.
Zu den stets Genannten zählt seit 2004 auch Finanzminister Wolfgang Schäuble. Ob Merkel sich inmitten der Schuldenkrise von ihrem Finanzminister trennen will, ist allerdings fraglich. Auch hinter seiner Gesundheit steht ein Fragezeichen. Aufreibender ist sicherlich der Job im Merkel-Kabinett.
Der ewige Edmund Stoiber. Die CSU brachte bereits am Tag des Rücktritts ihren ehemaligen Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten ins Spiel. CSU-Vorstandsmitglied Paul Linsmaier sagte, Stoiber wäre "hervorragend geeignet, ganz Deutschland zu repräsentieren". Politische Gegner werden über solche Einschätzungen wohl nur den Kopf schütteln.
Öffentlich genannt wurde auch die Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main, Petra Roth (CDU). Sie könnte die kommunale Sicht auf die Politik nach Berlin tragen. Die Begeisterungsstürme in der Union halten sich bislang in Grenzen.
Warum nicht Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust? Der CDU-Politiker gilt als moderat und durchaus präsiabel. Dort ist er Regierungschef einer schwarz-grünen Koalition und würde in der Bundesversammlung die Lagergrenzen überwinden.
Unter den gehandelten Kandidaten ist stets auch der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier. Die Männer in den Roten Roben haben das präsidiale Ansehen, Papier hätte aber als CSU-Mitglied auch die nötigen Verbindungen in die Politik. Auch Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier besitzt ein CSU-Parteibuch. In der Partei selbst wird das skeptisch gesehen.
Auch SPD und Grüne überlegen, ob sie nicht mit einem mehrheitsfähigen Kandidaten aufwarten können. Noch populärer als Steinbrück wäre der ehemalige Außenminister Joschka Fischer. Das allerdings käme einem Rot-Grün-Revival gleich, gegen das sich Union und FDP mit Händen und Füßen wehren würden.
Ob sich die Sozialdemokraten eine weiteres Mal eine Kandidatur von Gesine Schwan antun wollen, ist hingegen fraglich. Sie war bereits 2004 und 2009 gegen Köhler angetreten, hatte zuletzt aber bei SPD und Grünen für Irritationen gesorgt.
Mehr Chancen werden da noch dem ehemaligen Bremer Bürgermeister Henning Scherf eingeräumt. Der SPD-Politiker hat sich seine Sporen als Vermittler in Zeiten von Rot-Grün verdient, als er eine große Koalition in Bremen führte.
Gelegentlich wird auch der frühere Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) genannt, der sich als UNEP-Direktor viel Ansehen erworben hat. Er wäre ein ökologischer Präsident. Mit 71 Jahren wäre er allerdings schon recht alt.