Kolumne: Berliner Republik Atemlos durch die Hauptstadt

Die letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause ähnelt der zwölften Runde beim Boxen: Jeder gibt alles, bevor er k.o. zu Boden taumelt.

Sitzungswochen in Berlin haben es in sich. Das sind jene 23 Wochen im Jahr, in denen das Parlament tagt. Doch wie jeder weiß, der schon einmal unter der Reichstagskuppel spazieren gegangen ist, sitzen die Abgeordneten nur vereinzelt im Plenum, wenn im Bundestag debattiert wird. Stattdessen wuseln sie wie Ameisen in ihren Hügeln durch das Regierungsviertel. Ein Termin jagt den nächsten. Wenn es im Bundestag und seinen Nebengebäuden dann laut klingelt, müssen die Abgeordneten alles stehen und liegen lassen und zur Abstimmung eilen. Insbesondere die Regierungsfraktionen müssen Präsenz zeigen, damit die Opposition sie nicht überstimmen kann. In Zeiten der großen Koalition ist diese Herausforderung allerdings überschaubar.

In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, die gerade läuft, bricht regelmäßig der blanke Wahnsinn aus. Der Terminkalender ist vollgestopft, als gäbe es kein Leben nach der Sommerpause. In dieser Woche wird die übliche Sitzungswochen-Hektik noch von der Sorge um den Euro und den morgigen Koalitionsausschuss angeheizt.

Der Effekt der allgemeinen Betriebsamkeit ist, dass manch eine Nachricht einfach untergeht. So nahm gestern zum Beispiel kaum einer Notiz davon, dass Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) im Berliner Zoo die Patenschaft für die in freier Wildbahn bedrohten Spitzmaulnashörner übernommen hat. Wenig Beachtung fand gestern auch, dass das Bundeskriminalamt (BKA) einräumen musste, in der Edathy-Affäre Sommer- und Winterzeit verwechselt zu haben. Nun könnte man sagen: Egal, die Kanzlerin hat im Stress ja auch schon mal brutto und netto verwechselt. Im Fall des BKA lässt die Wende mit der Winterzeit bei der Frage, wann die SPD-Spitze über den Kinderporno-Verdacht gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Edathy erfuhr, allerdings die Aussagen von Fraktionschef Thomas Oppermann schlüssiger erscheinen.

Ab der kommenden Woche hat der Bundestag für zwei Monate Sitzungspause. Wahrscheinlich wird die dramatische Lage in Griechenland dafür sorgen, dass das politische Sommerloch nicht allzu groß wird. Es wird aber genug Raum lassen, ausführliche Vergleiche zwischen hohen Tieren und Zootieren anzustellen. Versprochen!

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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