Kolumne: Berliner Republik Bienendemokratie im Bundestag

Die Grünen haben einen kleinen Bienenstock im Bundestag aufgestellt. Das Volk hat nur 2000 Bienen - mehr gestattete Bundestagspräsident Lammert nicht. Dabei kann die Politik viel von den fleißigen Tierchen lernen.

Wenn die Grünen versuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen, greifen sie häufig genug daneben. Man erinnere sich an die Veggie-Day-Kampagne aus dem letzten Wahlkampf, als sie den fleischfreien Donnerstag in Kantinen einführen wollten. In diesem Sommer hatte das Bundestagsbüro von Bärbel Höhn eine gute Idee: Die frühere nordrhein-westfälische Umweltministerin wollte in Berlin im Bundestag, im Innenhof des Paul-Löbe-Hauses, einen Bienenstock aufstellen.

Seitdem bekannt ist, dass in den vergangenen Jahren viele Bienenvölker an Pilzen und Parasiten zugrunde gegangen sind, gibt es immer mehr Hobbyimker. Manch einer meint sogar schon: Imkern ist das neue Yoga, also so eine Art Modehobby. Trend hin, Trend her: Die Bienen sind für unser Überleben notwendig - ohne sie geht die Vegetation zugrunde.

Ein normales Bienenvolk hat mindestens 20 000 Bienen. Das erschien Bundestagspräsident Norbert Lammert aber offensichtlich zu groß. Er gestattete den Grünen nur einen Probebetrieb mit 2000 Bienen. Bei nur 2000 Bienen warnt jeder Imker, dass ein so kleines Volk kaum eine Überlebenschance hat. Im Zweifel wird es von einem anderen Bienenvolk ausgeräubert. Vielleicht war es Lammert ja auch suspekt, dass es sich um Bienen der Opposition handelt - und gleich so viele.

Dabei passen die Bienen durchaus in den Bundestag. Sie sind gute Demokraten. Sie treffen ihre Entscheidungen grundsätzlich gemeinsam. Für sie wichtige Sachverhalte erforschen sie im Kollektiv und debattieren beispielsweise lebhaft darüber, wo sich der nächste geeignete Nistplatz für das Volk befindet. Das läuft dann so ab: Wenn eine Bienen-Kundschafterin einen guten Nistplatz gefunden hat, tanzt sie den anderen davon vor. Je besser der Nistplatz aus ihrer Sicht ist, desto energischer tanzt die Biene. Bei Reden im Bundestag kann man oft genug auch am Duktus des Redners feststellen, wie überzeugt er von seinem Ansinnen ist. Die Bienen tragen auf diese Weise auch Meinungsverschiedenheiten untereinander aus, um am Ende nach dem Mehrheitsprinzip zu der bestmöglichen Lösung für alle zu kommen. Im Grunde genommen vollführen Bienen direkte Demokratie im besten Sinne.

Wer jetzt Angela Merkel als Bienenkönigin vor Augen hat, liegt gar nicht so falsch. Denn die Bienenkönigin ist keine absolute Herrscherin. Sie muss sich immer wieder auf die Schwarmintelligenz ihres Volkes verlassen. Und noch ein Hinweis: Wenn ein Volk eine neue Bienenkönigin benötigt, stellt es Gelee Royale her. Das ist in der Union aber erst für die Zeit nach 2017 vorgesehen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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