Kolumne: Berliner Republik Das Leben nach dem Amtsverlust

Berlin · Politik wirkt oft wie eine Droge: Wer einmal drauf ist, kann von Macht, Einfluss und Annehmlichkeiten nicht mehr lassen. Deshalb gibt es so viel Gerangel um Versorgungs- und Ruhestandsposten.

 Unsere Autorin Eva Quadbeck

Unsere Autorin Eva Quadbeck

Foto: Quadbeck

Entzugserscheinungen haben die meisten Politiker, die jahrelang wichtige Ämter bekleideten und von heute auf morgen zu Normalbürgern werden. "Information und Transport", brachte es mal ein Ex-Minister auf den Punkt, als er gefragt wurde, was er eigentlich am meisten vermisse. Zum Stichwort Information gehört freilich mehr, als möglichst früh über Sachverhalte im Bilde zu sein.

Auch der Verlust der persönlichen Bedeutung geht damit einher - man wird nicht mehr überall eingeladen, das Medieninteresse lässt nach. Und wenn ehemalige Spitzenpolitiker dennoch den einen oder anderen Termin wahrnehmen, müssen sie Terminkalender und Anfahrt selbst organisieren, den Transport eben, wofür man früher einen Stab von Mitarbeitern hatte.

Viele Ex-Minister, Ex-Regierungs- und -Parteichefs sind bald nach dem Empfang ihrer Entlassungsurkunde auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit, die ihnen ein Stück ihrer alten Bedeutung und Beachtung von außen zurückgibt. Manchmal geht es auch noch ums Geld, oft aber steht der Wunsch nach Einfluss und Anerkennung im Vordergrund.

Das Verlangen, über das eigene Amt hinaus zu wirken, ist oft so groß, dass die Betroffenen in Teilen ihr früheres Werk und manchmal auch das neue Amt beschädigen. Altbundeskanzler Gerhard Schröder gehört zu jenen, bei denen es um Geld und Bedeutung geht. Doch mit seinem Gazprom-Engagement stellt er sein eigenes Wirken als Kanzler infrage und hat im Wahlkampf auch seiner Partei geschadet. Er selbst sieht das freilich anders und sagt, er wolle zur europäisch-russischen Verständigung beitragen.

Im jüngsten Fall, beim Gerangel um die neue Führung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, ist die Konkurrenz zwischen dem früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und der ehemaligen Bildungsministerin Annette Schavan so groß geworden, dass man nicht mehr den Eindruck haben konnte, es gehe um die Besetzung eines "Ehrenamtes". Beschädigt sind nun mehrere: die Konkurrenten selbst, die Stiftung und auch die Kanzlerin, die ihre Kandidatin Schavan nicht durchsetzen konnte.

Besonders schmerzhaft ist es für Parteien, wenn sie von der Regierung in die Opposition wechseln, wie man kurz nach der Bundestagswahl bei den Sozialdemokraten besichtigen konnte. Um die wenigen übrig gebliebenen einflussreichen Posten gab es ein heftiges Gerangel. Selbst der Job des Bundestagsvizepräsidenten wurde Gegenstand harter Auseinandersetzungen. Ein Streit um die künftige Führung der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung dürfte folgen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(qua)
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