Kolumne: Berliner Republik Die brüchige Allianz der Nationalisten

Berlin · Die nationalistisch denkenden Staatenlenker sehen sich derzeit als Avantgarde. Doch ihre gegenseitige Bewunderung ist voller Heuchelei.

Bilder vom Kongress der Rechtspopulisten in Koblenz
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Foto: dpa, tfr jai

Barack Obamas letzter offizieller Anruf bei einem ausländischen Staatschef galt der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Von den liberalen Medien in den USA wird sie als die letzte mächtige Hüterin demokratischer westlicher Werte gesehen. Merkel selbst mag diese Zuschreibung nicht. Ein Mensch könne niemals alles alleine lösen, nur gemeinsam sei man stark, findet sie.

Doch eben die zerfallende Gemeinsamkeit jener Länder, die bislang die klassischen westlichen Werte von Demokratie, Freiheit, Völkerverständigung und Humanität verbanden, sorgen nun für die Fokussierung auf Merkel. Die USA und Großbritannien kehren zurück zum Prinzip der Nationalstaatlichkeit. Frankreich steht an einer gefährlichen Klippe. Sollte die rechtsextreme Marine Le Pen am 7. Mai zur Präsidentin gewählt werden, dann müsste Trump gar nichts mehr unternehmen, um die aus seiner Sicht zu starken Europäer zu schwächen. Dann zerfiele die Europäische Union ohnehin.

Merkel weiß, dass Europa auf der Kippe steht. Dennoch will sie sich nicht in den französischen Wahlkampf einmischen. Nach einem Treffen mit dem französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon trat sie nicht vor die Presse. Dabei wäre ein Schulterschluss der bekennenden Europäer nach dem Treffen der Rechtspopulisten in Koblenz eine angemessene Reaktion gewesen.

Es braucht jetzt erst recht die Solidarität der Pro-Europäer. Denn während jene Regierungschefs, die sich auf das Nationale konzentrieren wie die britische Premierministerin Theresa May, schon jetzt in direkten Kontakt mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump treten, heißt es aus der deutschen Regierung nur: Alles hat seine Zeit. Das klingt nicht so, als gebe es schon eine konkrete Verabredung, wann Merkel und Trump das erste Mal persönlich in Kontakt treten.

Noch hofieren sich die Nationalgesinnten gegenseitig. So sieht sich auch der ungarische Ministerpräsident Orbán durch Trump bestätigt. Doch die historische Erfahrung lehrt, dass eine Kooperation von nationalistisch gesinnten Staaten immer nur so lange funktioniert, solange beide Seiten für sich darin Vorteile sehen. Wenn dies nicht mehr der Fall ist und ein System internationaler Einbindung mit Spielregeln für die Konfliktlösung fehlt, dann droht Eskalation.

Bei den vielen Schwächen, die diese Europäische Union hat, war es doch ihre große Stärke, 70 Jahre lang den Frieden auf dem Kontinent zu bewahren. Die Rückkehr zum Prinzip der Nationalstaatlichkeit gefährdet diese Errungenschaft.

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(RP)
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