Kolumne: Berliner Republik Meine Mutter und das Rentenpaket

Mit ihrer Rentenpolitik hat sich die Koalition verhoben. Die Ausgaben belasten kommende Generationen. Dazu ausnahmsweise in eigener Sache: Warum ich nicht aufhöre, mit der Rente zu nerven.

Zu keinem anderen Thema landen auf meinem Schreibtisch und in meinem E-Mail-Fach so viele Leserbriefe wie zum Thema Rente. Viele Menschen der Rentner-Generation finden es ungehörig , dass ich immer wieder auf die enormen Kosten des Rentenpakets hinweise. Ich höre auch oft die Frage, ob ich nicht wüsste, was die Frauen, die nun eine höhere Mütterrente erhalten, geleistet haben, und dass ihre Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf viel geringer waren als die der jüngeren Frauen. Einer fragte sogar mal: Haben Sie keine Mutter?

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ich jeder Seniorin, die nun eine höhere Mütterrente erhält, das Geld von Herzen gönne. Ich selbst habe drei Geschwister. Wir sind alle unserer Mutter sehr dankbar für das, was sie über Jahrzehnte für uns getan hat und heute noch tut, wenn sie die Enkel hütet. Zudem weiß ich mittlerweile selbst, was es bedeutet, Kinder großzuziehen mit allem Verzicht und aller Freude. Und obwohl ich die Rente ab 63 für politisch falsch halte, für ein fatales gesellschaftliches Signal und der nächsten Generation gegenüber für nicht verantwortbar, bin ich keineswegs neidisch auf Menschen, die mehr Freizeit haben als ich.

Meine Kritik an der Rentenpolitik wendet sich also nicht persönlich gegen diejenigen, die davon profitieren. Ich halte unser gesetzliches System der Rentenversicherung für gut und wünsche mir, dass noch viele Generationen davon leben können. Doch die Rentenpolitik, zu der sich Union und SPD zusammengetan haben, gefährdet die Stabilität des Systems. Die Parteien machen es sich zu leicht, wenn sie in Kombination ihrer Wahlversprechen einfach Milliarden der Rentenversicherung ausgeben. Die beiden Volksparteien denken trotz ihrer großen Mehrheit im Bundestag zu wenig über den Tag hinaus.

Wir dürfen vor der Tatsache, dass künftig immer weniger junge Menschen für immer mehr alte Menschen die Renten zahlen müssen, nicht die Augen verschließen. Nun können die Alten ja argumentieren, dass die Jungen selbst schuld seien, wenn sie nicht für genug Nachwuchs sorgten. Doch auch dieses Thema lässt sich schlecht auf persönlicher Ebene diskutieren. Die Gründe für Kinderlosigkeit sind so vielfältig wie das Leben selbst.

Die erste große Koalition unter Kanzlerin Merkel hatte noch den Mumm, die Rente ab 67 einzuführen. Damals haben die verantwortlichen Politiker den Menschen reinen Wein eingeschenkt.

Nun traut sich keiner mehr, öffentlich die Wahrheit zu sagen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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