Kolumne: Berliner Republik Politik mit Zipfelmütze

Berlin · Die SPD hätte gegenüber der Union jetzt die Chance, selbstbewusster aufzutreten.

 Mit Zipfelmütze zeigen diese SPD-Delegierten beim Sonderparteitag ihren Unmut über eine mögliche große Koalition.

Mit Zipfelmütze zeigen diese SPD-Delegierten beim Sonderparteitag ihren Unmut über eine mögliche große Koalition.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Im Märchen gelten Zwerge als schlau und oft loyal. Wenn Menschen als Zwerge bezeichnet werden, ist das aber eine Herabwürdigung. Auf SPD-Parteitagen sind sie komplett fehl am Platz. Denn so eine Zusammenkunft der Genossen unter Neonlicht, mit Stimmkarten und Antragskommission hat wirklich nichts Märchenhaftes. Das hielt die Jusos aber nicht davon ab, sich am Sonntag rote Zipfelmützen überzustülpen und in diesem albernen Aufzug ihren No-Groko-Kampf zu führen.

Dabei dürfte sich ein CSU-Politiker diebisch gefreut haben. War es doch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der die Kampagne der Jusos als "Zwergenaufstand" bezeichnet hatte. Wie gut, dass er nicht wieder "Gurkentruppe" gesagt hatte (wie einst zur FDP), sonst wären beim SPD-Parteitag wahrscheinlich jede Menge grün gewandete Salatgurken erschienen.

Kolumne: Berliner Republik: Politik mit Zipfelmütze
Foto: Quadbeck

Jedenfalls ist der Ärger der SPD-Spitzenfrauen Andrea Nahles und Natascha Kohnen nachzuvollziehen, die sich wortreich darüber beklagten, dass die Jusos Zipfelmützen aufsetzen, wenn Dobrindt sie Zwerge nennt. Denn es ist ja genau die Verzwergung, gegen die die Sozialdemokraten zurzeit kämpfen müssen. Wobei es da nicht nur um Zipfelmützen geht.

Zur Kunst des sich selbst Kleinmachens gehört es auch, wenn man ein Sondierungspapier mit etlichen sozialdemokratischen Punkten verhandelt hat und dann einen Parteitag darüber abhält, ob man das nun gut findet oder nicht. Diese Art der Debatte entspricht dann einem sich selbst Kleinreden - also der verbalen Zipfelmütze.

Dabei hätte die SPD gerade jetzt gegenüber einer Union, die ja nun auch mehr als acht Prozentpunkte bei der Bundestagswahl verloren hat, die Chance, selbstbewusster aufzutreten. Dafür müsste sie aber erst einmal alle unter einen Hut bekommen - statt Politik mit der Zipfelmütze zu machen.

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(qua)
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