Kolumne: Berliner Republik Sozialdemokraten auf der Suche nach Gerechtigkeit

In dieser großen Koalition sollte alles anders werden für die SPD. Aber es klappt nicht: Die Partei bleibt im Maschinenraum, während sich die Union an Deck des Dampfers in ihren Umfragewerten sonnt.

In der Politik kristallisiert sich gelegentlich in wenigen Tagen, was typisch für eine ganze Episode ist. Wir leben gerade in so einer Woche: Kanzlerin Angela Merkel jettet um die Welt, um mit Wladimir Putin, Petro Poroschenko, François Hollande und Barack Obama über eine Lösung in der Ukraine-Krise zu verhandeln. Ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble fällt die Rolle zu, die Griechen und damit die Euro-Krise in Schach zu halten. Derweil hockt die SPD in der eher unbedeutenden ostdeutschen Stadt Nauen zusammen und sucht zum x-ten Mal einen Ausweg aus ihrem Umfragetief. Klingt gemein, aber genau so ist es. Und um die Tragweite der Angelegenheit zu demonstrieren, reisen gleich alle Minister und auch die durchaus zahlreichen Ministerpräsidenten der SPD an.

Doch auch wenn sich die Sozialdemokraten noch einmal selbst übertreffen und nach Mindestlohn und Rente ab 63 nun auch noch die 32-Stunden-Woche für junge Eltern auf die Fahnen schreiben, wird das die Wähler vermutlich nicht beeindrucken. Auch mit der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz wird man den Koalitionspartner kaum vor sich hertreiben können.

Möglicherweise liegt das Problem der SPD ja nicht darin, dass sie zu wenig vorkommt, sondern dass wir trotz eines haushohen Wahlsiegs der Union bei der vergangenen Bundestagswahl reichlich viel sozialdemokratische Politik bekommen. Der Wähler hat, was er wollte: Kanzlerin Merkel als Regierungschefin eines Sozialstaats, der was auf sich hält. Es gibt aus Sicht dieser Mehrheitsströmung in der Bevölkerung also keinerlei Veranlassung, der SPD weitere Prozente zuzuschustern. Auch nicht, wenn sich die Sozialdemokraten in Nauen auf die Hinterbeine stellen, Vizekanzler Sigmar Gabriel in Sachen Seriosität mächtig Fortschritte gemacht hat, Arbeitsministerin Andrea Nahles von der Union für ihre Zuverlässigkeit gelobt wird und Generalsekretärin Yasmin Fahimi tapfer um das linke Profil der Partei bemüht ist.

Diese Analyse ist übrigens auch in SPD-Kreisen kein Geheimnis. "Solange die da ist, wird das nichts", ist sich die Parteiführung insgeheim sicher. Gemeint ist die Kanzlerin.

In der Union hat man das natürlich auch begriffen. Daher findet man im Regierungsviertel auch niemanden mehr in der Union, der daran zweifelt, dass Merkel 2017 wieder antritt. Mehr Gedanken macht man sich, anders als bei der SPD, bislang noch nicht über die Bundestagswahl 2017.

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(RP)
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