Kolumne: Berliner Republik Wort als Waffe

Berlin · Wer im Kampf der Meinungen als Sieger vom Platz gehen möchte, sollte seine Worte gut wählen. Worte können wie Waffen eingesetzt werden – im linken wie im rechten politischen Spektrum.

Kolumne: Berliner Republik: Wort als Waffe
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Wer im Kampf der Meinungen als Sieger vom Platz gehen möchte, sollte seine Worte gut wählen. Worte können wie Waffen eingesetzt werden — im linken wie im rechten politischen Spektrum.

Am Anfang jeder Politik steht das Wort. Seine Wahl entscheidet oft schon vor der inhaltlichen Auseinandersetzung über deren Ausgang. Denn es gibt gute Worte und schlechte Worte. Besser ist es immer, für seine Sache ein gutes Wort zu finden. Das ist schon der halbe Erfolg.

"Flüchtling" zum Beispiel ist ein gutes Wort, auch wenn manche finden, es sei immer noch zu pejorativ und deswegen "Geflüchteter" sagen. "Migrant" ist kein so gutes Wort, weil es nicht so über alle Zweifel erhaben ist, was die Motivlage der Person anlangt. "Kopfpauschale" ist ein schlechtes Wort, "Bürgerversicherung" ein gutes, obwohl beiden Begriffen eine ähnliche Idee zugrunde liegt. Wer in Deutschland eine Kopfpauschale einführen möchte, der hat schon verloren. Wer eine Bürgerversicherung anstrebt, hat hingegen eine gute Startposition im Kampf der Meinungen.

Worte sind Waffen. Sie können töten. Während "grün" ein schönes Wort ist (es klingt nach pflanzlichem Wachstum, frischer Luft und Hoffnung), ist "neurechts" ein furchtbares Wort. Irgendwann tauchte es auf, weil man sich neue politische Frontverläufe sonst schlecht erklären konnte. "Neokon" war schon verbunden mit dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush. Also nannte man kurzerhand alles neurechts, was nicht mit der Flüchtlingspolitik Angela Merkels einverstanden war.

Die Vokabel "neurechts" stigmatisiert. Sie ist versuchter Wortmord. Wer mit ihr bedacht wird, der hat es schwer, sich aus der Defensive zu befreien. Seine Argumente zerschellen leicht an diesem Wortfelsen, seine Motive stehen unter schwerstem Verdacht. Denn neurechts ist im allgemeinen Verständnis das neue Wort für das, was früher Neonazi hieß. Man muss schon von hoher Eloquenz und innerer Standfestigkeit sein, sich diesem Kampfbegriff nicht zu ergeben. Sondern sein Recht auf inhaltliche Kritik unbeirrt in Anspruch zu nehmen.

Vor einigen Monaten hatte ich in einer Talkshow eine heftige Auseinandersetzung mit Daniel Cohn-Bendit (Grüne). Es dauerte keine zwei Minuten, und er war bei Adolf Hitler. Ich verbat mir diesen Vergleich in der Sendung und sagte hinterher zu ihm: "Nicht jeder, der nicht Ihrer Meinung ist, ist automatisch ein Nazi." Mit niederträchtigen Mitteln und Mustern zu arbeiten im Kulturkampf dieser Tage, ist beileibe kein exklusives Merkmal von Frauke Petry und ihren Mannen. Hetze gibt es auch in Grün.

Christoph Schwennicke ist Chefredakteur des "Cicero" und schreibt regelmäßig an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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