Kolumne: Frauensache Fantasien in Frauenköpfen

Der Film "Fifty Shades of Grey" legt weibliche Sehnsüchte offen, die einst der Bastei-Arztroman erfüllte. Und Oberfeministin Alice Schwarzer macht einen Akt der Emanzipation daraus.

Kinofilme und die katholische Kirche geben mir immer wieder Rätsel auf. Fangen wir mit Ersterem an: Die Verfilmung eines Erotikromans über die sado-masochistische Liebesbeziehung zwischen einem jungen, attraktiven Millionär und einer noch jüngeren, unbedarften Frau mit dem Prinzessinnennamen Anastasia führt weltweit in den Kinos zu Rekordeinnahmen und in Baumärkten zu einem Run auf Kabelbinder für heimische Fesselspielchen. Die Punkrockband "Die Ärzte" ahnte zwar schon vor Jahren: "Manchmal haben Frauen ein bisschen Haue gern" - doch erst "Fifty Shades of Grey" legte endgültig offen, welche Fantasien offenbar in Frauenköpfen stecken. Sehnsüchte, die einst der Bastei-Arztroman erfüllte, der in hundertfacher Variation die immer gleiche Geschichte der ebenso liebevollen wie schlichten Krankenschwester und des gut aussehenden, erfolgreichen Chefarztes erzählte, bedient heute das "Fifty Shades of Grey"-Genre, das vom britischen Feuilleton "Mommy Porn" getauft wurde: Frau begibt sich ganz und gar in die Hände des Mannes, er führt, sie gehorcht. Die klassische Rollenverteilung eben, aufgepeppt mit ein bisschen Erotik. Doch selbst daraus gelingt es Deutschlands Oberfeministin Alice Schwarzer einen Akt der Emanzipation zu machen. "Eine Frau schreibt über männlichen Sadismus - denn der ist das eigentliche Thema - und über ihre weiblichen Fantasien" - das sei emanzipiert, so Schwarzer über den SM-Roman. Und schwups ist der Spaß am Kabelbinderkaufen vorbei.

Womit wir bei der katholischen Kirche wären. Auch Papst Franziskus hat sich Gedanken über die Beziehung zwischen Mann und Frau gemacht und ist - grob zusammengefasst - zu folgendem Ergebnis gekommen: Sich zu "vermehren wie die Karnickel" müsse nicht sein, Paare allerdings, die sich gegen Kinder entscheiden, träfen eine "egoistische Wahl". Ausgerechnet das Oberhaupt einer Kirche, die Kinderlosigkeit zum Prinzip für Amt und Würden erklärt hat, prangert die Kinderlosigkeit anderer an.

Sich bewusst gegen das Elternsein zu entscheiden, ist eine höchstpersönliche und niemals leichtfertige Entscheidung. Ob das Motiv nun der Wunsch ist, ganz und gar Gott zu dienen, oder die Überzeugung, der Verantwortung für einen kleinen Menschen nicht gerecht werden zu können oder zu wollen - beides ist zu respektieren. Schließlich sind eigene Kinder nicht die einzige Möglichkeit, dem christlichen Prinzip der Nächstenliebe und Barmherzigkeit gerecht zu werden. Die katholische Kirche lebt es uns vor.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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