Kolumne Frauensache Für Familien zählt eben nicht nur das Geld

Berlin · Das Getöse um das Betreuungsgeld war überzogen – kaum jemand beantragt es. Den Kritikern einer angeblich rückwärtsgewandten Familienpolitik gibt das erneut Anlass zur Kritik.

Das Getöse um das Betreuungsgeld war überzogen — kaum jemand beantragt es. Den Kritikern einer angeblich rückwärtsgewandten Familienpolitik gibt das erneut Anlass zur Kritik.

Ich bin froh, dass wir keinen Hund haben. Als vorbildlicher Hundebesitzer würde ich jetzt im Urlaub wohl nicht die Alpenluft genießen, sondern am Handy hängen. Denn eine nicht unbeträchtliche Zahl der deutschen Hundehalter telefoniert im Urlaub regelmäßig mit dem daheimgebliebenen Tier, damit es seine Stimme hört. Ferne bedeutet eben nicht automatisch Distanz, das gilt auch im Urlaub.

Und so hatte ich bei der morgendlichen Zeitungslektüre ein Déjà-vu: Betreuungsgeld, Plagiatsaffären, Angela Merkel im Umfragehoch — gab es das alles nicht schon mal? Es scheint, als folge die deutsche Innenpolitik dem Täglich-grüßt-das-Murmeltier-Prinzip, wohingegen die öffentliche Meinung es mit der Konrad-Adenauer-Methode zu halten scheint: Was interessiert uns unser Geschwätz von gestern. Das Betreuungsgeld zum Beispiel wurde Anfang des Jahres zum Symbol einer rückwärtsgewandten Familienpolitik stilisiert, die den Steuerzahler jährlich zwei Milliarden Euro kostet.

Massenhaft, so das Szenario, würden Eltern für 150 Euro monatlich die Bildungschancen ihres Nachwuchses verhökern, weil sie ihre ein- und zweijährigen Kinder nicht mehr in die Kita geben, sondern zu Hause lassen. Das suggerierte zum einen, eine gute Erziehung während des ersten und zweiten Lebensjahrs könne nur eine Kita gewährleisten. Und zum anderen: Gute Mütter gehen spätestens dann wieder arbeiten, wenn die Kerze auf der Geburtstagstorte zum Einjährigen ihres Kindes ausgeblasen ist. Ein seltsames Eltern- und Frauenbild, das da propagiert wurde. Und nun?

Seit dem 1. August gibt es das Betreuungsgeld, und kaum einer will es. Ein Flop, heißt es. Die Wahlfreiheit der Eltern sei eine Farce, 150 Euro ein zu geringer Betrag. Was eben noch als Mitnahmeeffekt und Belastung für den Bundeshaushalt kritisiert wurde, wird nun dafür kritisiert, dass es genau das nicht ist.

Man hätte das auch anders einordnen können. Etwa, dass die geringe Nachfrage zeigt, Eltern entscheiden nicht nach dem Geld, sondern nach dem, was sie als das Beste für ihr Kind erachten. Oder, dass der Bürger eben nicht vom Staat nimmt, was er kriegen kann. Davon war nichts zu hören, weil ja sonst aufgefallen wäre, wie überzogen die ganze Debatte um das Betreuungsgeld gewesen ist. Vielleicht rufe ich morgen mal den Hund unserer Nachbarn an. Mit ihm zu sprechen, ist vermutlich erfreulicher als über die öffentliche Stimmung zur deutschen Innenpolitik zu lesen.

(RP)
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