Kolumne: Frauensache Rückfall in alte Rollenbilder

Düsseldorf · In Polen wollen Regierung und Kirche ein totales Abtreibungsverbot durchsetzen. Ein hart erkämpftes Selbstbestimmungsrecht der Frauen gerät in Gefahr.

Die Bilder, die in diesen Tagen aus Polen kommen, erinnern an das Deutschland der 70er Jahre: Tausende Frauen gehen auf die Straße, um für ein Recht auf Abtreibung zu demonstrieren. Sie halten Kleiderbügel aus Draht in den Händen als Symbol für die schmerzhaften Methoden, mit denen Frauen selbst versuchten, eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Der Grund für die Proteste: Die katholischen Bischöfe wollen ein totales Abtreibungsverbot durchsetzen. Unterstützt werden sie von der Regierungspartei PiS. Es ist eine ungute Melange aus kirchlicher und weltlicher Macht, die versucht, eine Gesellschaft zu dominieren. Und das ausgerechnet in dem Jahr, das Papst Franziskus zum "Jahr der Barmherzigkeit" ausgerufen hat. Zur Barmherzigkeit zählt er explizit die Absolution für Frauen, die abgetrieben haben. Erteilt werden darf sie nicht mehr nur von Bischöfen, sondern auch von Priestern - eine Art Demokratisierung kirchlicher Vergebung.

In Polen scheint Franziskus allerdings der Papst der anderen zu sein. Statt sein Wort in die Kirchen zu tragen, haben dort die Bischöfe ein Schreiben verlesen lassen, in dem sie ein rigoroses Abtreibungsverbot fordern. Das polnische Recht ist in dieser Frage ohnehin schon restriktiv - eine Abtreibung ist nur erlaubt bei einer Bedrohung von Leib und Leben der Mutter, einer festgestellten, irreversiblen schweren Schädigung des Embryos sowie einer Schwangerschaft, die durch Vergewaltigung oder Inzest entstanden ist. Die Frage nach dem Abtreibungsrecht ist nicht allein ein kirchliches Thema, auch nicht ein nur polnisches. Gerade erst hat in den USA Donald Trump gefordert, Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen, in "irgendeiner Art zu bestrafen". In Deutschland hat Frauke Petry schon laut über eine Volksabstimmung zur Verschärfung des Abtreibungsrechts nachgedacht, die rheinland-pfälzische AfD spricht sich in ihrem Programm für den "Schutz des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod" aus.

Es kommt nicht von ungefähr, dass die Lobbyisten des Gestern sich an diesem Thema abarbeiten. Denn es steht wie kaum ein anderes für den Bruch der tradierten Rollenbilder: Das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper war so etwas wie die Mondlandung der Frauenbewegung. Dieses Recht infrage zu stellen, mag für die Rechtspopulisten nur ein kleiner Schritt sein, für eine gleichberechtigte Gesellschaft aber ist es ein großer Rückschritt.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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