Kolumne: Frauensache Schluss mit dekorativen Gesetzen

SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas sagt, die Frauenquote sei der größte Beitrag zur Gleichberechtigung seit Einführung des Wahlrechts. Doch das ist maßlos übertrieben.

Kolumne: Frauensache: Schluss mit dekorativen Gesetzen
Foto: Phil Ninh

Nachdem der Bundestag die Frauenquote beschlossen hatte, gab es bei der SPD Sekt und Torte - vierstöckig, mit einer Schicht roten Marzipans überzogen. Essen und Trinken scheint bei sozialdemokratischen Politikvorhaben eine große Rolle zu spielen: nach Gerhard Schröders "Hol mir mal 'ne Flasche Bier" als Warm-up zur Agenda 2010, Hannelore Krafts Wahlkampfbotschaft "SPD ist Currywurst" und Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatenversprechen "keinen Pinot Grigio unter fünf Euro", wird nun also "Marzipan für Managerinnen" serviert.

Passender als die Torte wäre allerdings ein Streuselkuchen gewesen, und zwar ein von Angela Merkel (CDU) gebackener. Über den Kanzlerinnenkuchen hat der Kanzlerinnengatte bei der vergangenen Bundestagswahl verraten, dass er zwar sehr gut, aber immer mit zu wenig Streuseln belegt sei. Ähnlich verhält es sich mit der Frauenquote: eine gute Idee, aber mit zu wenig Mut umgesetzt. Wenn SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas sagt, die Frauenquote sei der größte Beitrag zur Gleicherechtigung seit Einführung des Wahlrechts, dann ist das maßlos übertrieben.

Ab 2016 gilt in börsennotierten Unternehmen, in denen die Arbeitnehmerseite voll mitstimmungsberechtigt ist, bei der Aufsichtsratswahl eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent. Diese Regelung betrifft rund 100 Großbetriebe. Um die Tragweite des Gesetzes zu verdeutlichen: Deutschland zählt insgesamt 196 000 Großbetriebe.

Der deutsche Feminismus hat sich in der Vergangenheit auf die gesellschaftlichen Rollenbilder von Mann und Frau kapriziert, eben auf den kleinen Unterschied im Sinne von Alice Schwarzer. Bei der Frauenfrage ging es um sexuelle Befreiung oder das Recht auf körperliche Selbstbestimmung - der finanzielle Aspekt der Gleichberechtigung aber blieb außen vor. Mittlerweile sind in Deutschland 17,7 Millionen Frauen berufstätig, so viele wie in kaum einem anderen EU-Land. Doch zahlt sich das für die meisten Frauen nicht aus - die gläserne Decke, ein geringerer Lohn für gleiche Arbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Armut im Alter sind nach wie vor typisch weibliche Probleme. Ungelöste Probleme.

Die Frauenquote ist nur ein Anfang. Dekorative Gesetzeshüllen reichen nicht aus: Eine Marzipanschicht sieht zwar hübsch aus, aber letztlich brauchen wir mehr Streusel.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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