Kolumne: Frauensache Wenn das Einfrieren von Eizellen Angst macht

Was vordergründig zum Schutz der Frau abgelehnt wird, hat hintergründig mit den Ängsten der Traditionalisten zu tun: Wenn die biologische Uhr als Faktor für die weibliche Karriere an Bedeutung verliert, wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht mehr länger nur Sache der Frau sein.

Bezahlen, wenn man Geld hat, das ist keine Kunst: Aber bezahlen, wenn man keines hat, das ist eine Kunst, lieber Mann, die ich erst noch lernen muss. Das hat der Schriftsteller Ernst Elias Niebergall einst gesagt. In dieser Kunst übt sich die Landesregierung von Hannelore Kraft schon seit einigen Jahren, weshalb seit einiger Zeit in der Staatskanzlei nur noch Leitungswasser ausgeschenkt wird.

Was die Finanzen angeht, hält man es bei CDU und CSU auf Bundesebene eher mit dem griechischen Schriftsteller Xenophon: "Denn durch das Schaffen des Mannes kommt in der Regel Geld ins Haus, durch das Wirtschaften der Frau aber geht das meiste drauf." Wohl deshalb fällt der Union als Antwort auf die schwächelnde Konjunktur als erste Sofortmaßnahme zur Entlastung der Wirtschaft ein Stopp der Frauenquote ein. Ein Vorschlag, der ähnlich effektiv ist wie die Leitungswasser-Ausschenkerei der NRW-Regierung - wenig Wirkung, viel Symbolik. Zumal der Gesetzentwurf zur Frauenquote ohnehin ziemlich lax ist: Lediglich die Aufsichtsräte der rund 100 voll mitbestimmungspflichtigen und zugleich börsennotierten Unternehmen werden zu einem Frauenanteil von 30 Prozent verpflichtet. Dieses bisschen Quote zu einer Belastung für die Wirtschaft aufzubauschen, ist billige Symbolpolitik. Sie gilt übrigens nicht nur den Konzernen, sondern ist auch eine Geste an die Bewahrer des traditionellen Familienbildes, die sich in der Union zunehmend heimatlos fühlen.

Ähnlich angstbesessen wird auch die Debatte um das Social Freezing geführt. Seit bekannt wurde, dass US- Konzerne wie Facebook und Apple ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen finanzieren, geht hierzulande die Angst vor einer großkapitalgesteuerten Familienplanung um - obwohl nicht ein einziges Unternehmen in Deutschland plant, es Facebook und Apple gleichzutun. Dennoch werden in der Diskussion die Frauen vorsorglich als Opfer der Interessen ihrer Arbeitgeber hingestellt, die sich durch ein solches Angebot dem Karrieredruck nicht mehr entziehen könnten. Was vordergründig zum Schutz der Frau abgelehnt wird, hat hintergründig mit den Ängsten der Traditionalisten zu tun: Wenn die biologische Uhr als Faktor für die weibliche Karriere an Bedeutung verliert, wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht mehr länger nur Sache der Frau sein. Denn die Chance auf eine spätere Mutterschaft ist auch die Chance auf mehr Gleichberechtigung - in Karriere und Kindererziehung. Darauf ein Glas Leitungswasser. Prost.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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