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Kolumne: Gesellschaftskunde Von Mensch zu Mensch

Viele fühlen sich zu wenig beachtet, obwohl doch immer mehr kommuniziert wird und Kontakte in die ganze Welt so leicht zu halten sind. Doch um sich wirklich wahrgenommen zu fühlen, muss man in das Gesicht eines anderen schauen.

Kolumne Gesellschaftskunde: Von Mensch zu Mensch
Foto: Krings

Man muss sich ja nur selbst fragen, wann man das letzte Mal einem Menschen mit Ruhe ins Gesicht geschaut und dessen Regungen wirklich wahrgenommen hat. Meistens herrscht ja doch Hast und jene höfliche Oberflächlichkeit, die den Umgang effizient und den Alltag reibungslos macht. Man sieht den anderen, ohne ihm zu begegnen, klärt irgendeine Frage, löst ein Problem, kauft etwas, nimmt eine Dienstleistung in Anspruch. Das geht flott und ist das normale Miteinander. Es muss nicht jeder Kontakt mit einem anderen ein Austausch sein.

Aber die Differenz erkennen sollte man schon. Und dafür sorgen, dass der alltägliche Umgang mit dem kulturell geprägten Grad an Oberflächlichkeit nicht alles bleibt. Denn jeder Mensch benötigt auch die Momente, da er die Antennen ausfährt, den anderen auf einer Ebene jenseits der Sprache wahrnimmt und auch spürt, dass er selbst mit seinen Empfindungen ernstgenommen wird. Dabei geht es nicht um tiefe Blicke in die Augen oder derlei romantisches Repertoire. Es geht um das geringe Mehr an Aufmerksamkeit, das Begegnung möglich macht. Und ohne das es keine Empathie gibt.

Denn es ist schon bedenkenswert, dass so viel Austausch in hochentwickelten Gesellschaften technisch vermittelt geschieht. Das ist inhaltlich nicht unbedingt ein Qualitätsverlust. Viele Menschen haben viel mehr Austausch als früher, halten den Kontakt auch zu Freunden, die weit entfernt leben, bekommen Anregungen aus der ganzen Welt und fühlen sich gut vernetzt.

Doch diese Art der Kommunikation bleibt eine Abfolge einseitiger Botschaften, auf die es verzögert Reaktionen gibt. Es findet keine direkte Rückkopplung statt, man sieht nicht im Gesicht des anderen, was die eigenen Worte bewirken, erlebt nicht, wie die eigenen Empfindungen gespiegelt werden.

Das mag als Kleinigkeit erscheinen, als vernachlässigbares Problem. Doch der übergroße Hunger nach Beachtung, dieses gesteigerte Bedürfnis nach Aufmerksamkeit in unserer Zeit mag auch darin eine Ursache haben, dass die kleinen Rückversicherungen im lebendigen Austausch weniger werden.

Dann postet der Einzelne nur noch mehr in die Welt, sendet Lebenszeichen um Lebenszeichen und bleibt doch unzufrieden, weil er eigentlich etwas anderes vermisst: menschliche Resonanz.

Man kann sich Räume dafür schaffen. Kann anderen achtsamer begegnen und wird spüren, wie das zurückwirkt. Von Mensch zu Mensch.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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