Kolumne: Gott Und Die Welt Das Prinzip der Verantwortung

Wer ein politisches Mandat übernimmt, steht unter dem Anspruch der Verantwortung. Wer sie leugnet, erweist sich als Populist.

Zwei Schwadroneure verdrücken sich, lautete eine von vielen Schlagzeilen zu Boris Johnson und Nigel Farage. Beide Brexit-Betreiber hatten kurz nach der aus ihrer Sicht siegreichen Wahl der Briten wieselflink erklärt, für weitere politische Aufgaben nicht bereitzustehen. Doch Hohn und Spott über die Brexit-Flüchtlinge ist ebenso wenig angemessen wie ihre Charakterisierung als Schwadroneure oder Zocker. Vielmehr müsste Entsetzen über eine solche Haltung herrschen, mit der ein Grundprinzip politischen Handelns geleugnet wurde: die Pflicht, Verantwortung zu übernehmen. Die nämlich ist mehr als nur Wahlkampfrhetorik. Sie ist auch keine Auslegungssache und nicht bloß eine Art Gefühl; an ihr gibt es nichts zu deuteln. Der Philosoph Hans Jonas hat Verantwortung zu einem ethischen Prinzip von Macht erklärt. Wer Verantwortung übernimmt, steht unter ihrem Anspruch. Es kann somit keine Trennung von Amt oder Mandat und der Verantwortung geben. Allein in der Bereitschaft, Antworten auf Fragen zu geben, die niemand sonst beantworten mag oder kann, liegt das, was noch im Mittelalter unter "Ver-Antwortung" verstanden wurde. Wer in diesem Sinne bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, stellt sich der Aufklärung. Das unterscheidet Politik von Provokation und Macht von Opposition. Am Ende wird darin die Differenz von Politikern und Populisten sichtbar. Die Geschwindigkeit, mit der beide Briten jüngst ihren Abschied von der grellen Brexit-Bühne erklärten, verrät auch, dass sie offenbar sehr wohl um die Bedingungen von Regierungsverantwortung wussten. Wer diese trotz laut tönender Ansprüche am Ende ablehnt, erweist sich nicht nur als charakterlich schwach. Er leugnet das Prinzip und die Pflicht politischen Handelns. Johnson und Farage dürfen darum nicht in Vergessenheit geraten, sie müssen uns eine Warnung bleiben - vor populistischem Agieren.

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(RP)
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