Kolumne: Gott Und Die Welt Der Urlaub und der Terror

Erlöse uns von dem Bösen - so beten wir im Vaterunser. Der Dank für die freien Tage verbindet sich angesichts der Taten von Nizza und Würzburg besonders mit dieser Bitte.

Ich habe mich wie alle Jahre wieder auf meinen Urlaub gefreut. Täglich das Rauschen der Nordsee hören, den Wind und den Sand unter den Füßen spüren, die Betriebsamkeit des Büros für einige Tage hinter mir lassen. Ich danke Gott für diese Zeit in meinen Gebeten. Dahinein mischen sich in diesen Tagen allerdings immer wieder die verstörenden Bilder aus den Nachrichten. Im Urlaub möchte ich abschalten, aber immer wieder geht mir durch den Kopf, was bloß in dem amokfahrenden Lkw-Fahrer aus Nizza oder dem 17-jährigen Jungen vorgegangen sein mag, als er in einem Zug bei Würzburg mit einer Axt auf andere losging.

Was treibt einen Menschen zu einer derart schrecklichen Tat? Kann sich eine Gesellschaft vor dieser Form des Terrors schützen? Erklärungsversuche gibt es in diesen Tagen viele, und die meisten, die von Fachleuten vorgetragen werden, haben sicherlich einen wahren Kern. So wichtig sie für die konkrete Politik sind - beruhigen werden die Antworten kaum. Das hat seinen Grund auch darin, dass wir hinter einer solchen Tat immer zugleich einen Abgrund spüren, den wir aber letztlich nicht erklären können. Der Philosoph Immanuel Kant sprach vom radikalen Bösen als einem Bestandteil der menschlichen Natur und hat damit zum Ausdruck gebracht, was auch zum biblischen Menschenbild gehört.

Was auch immer eine Gesellschaft unternimmt an schulischer und menschlicher Bildung - die Gewissheit, dass solche Taten verhindert werden können, gibt es nicht. Auch nicht durch eine noch so gute Sozial- und Innenpolitik. Der christliche Glaube verweist den Menschen deshalb über ihn selbst hinaus. Im Vaterunser betet er: "Erlöse uns von dem Bösen." Weiter an einer Gesellschaft arbeiten, die sich in ihren Werten nicht beirren lässt, und zugleich beten - das ist die Antwort auf die schrecklichen Taten der vergangenen Tage. Der Dank für den Urlaub verbindet sich derzeit besonders mit der Bitte um Erlösung vom Bösen.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski schreibt hier an jedem vierten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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