Kolumne: Gott Und Die Welt Freiheitsstatue ist die "Mutter der Migranten"

Düsseldorf · Das Verweigern von Hilfe wird uns viel mehr verändern als die Integration der Flüchtenden. In New York steht eine weise Ratgeberin.

 Unser Autor Lothat Schröder.

Unser Autor Lothat Schröder.

Foto: Schröder

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte von Wanderungen. Eine Geschichte von Menschen, die sich in friedlicher Absicht auf den Weg machen oder in böser. Die von der Not und Angst getrieben wurden, voller Hoffnung auf ein vielleicht besseres Leben. Das ist alles nicht neu. Zumal es wie die Bestandsaufnahme unserer Gegenwart klingt, die es irgendwie zu meistern gilt. Die Notunterkünfte und Heime aber suggerieren, als würde das, was wir seit Monaten verstärkt erleben, nicht von Dauer sein. Als wäre es nur eine Reaktion auf weit entfernte Kriege, deren Ursache wir kaum und deren Verläufe wir gar nicht mehr durchschauen. Irgendwann wird wohl alles wieder vorbei sein, denken viele. Doch es wird Zeit, sich darauf ernsthaft einzulassen, dass die Aufgaben unserer Gegenwart die Aufgaben unserer Zukunft sein werden. Denn wer zur Unterbringung hilfesuchender Menschen bereit ist, Zäune oder hermetische Lager zu errichten, beginnt, Menschen einzuteilen: in diese vor und jene hinter der Mauer. Es gibt dann uns - und die anderen, den Rest. Wer glaubt, damit zu bewahren, was ist, irrt. Denn mit dieser Haltung gehen uns moralische wie christliche Grundsätze unseres Zusammenlebens verloren. Die Verweigerung von Hilfe wird uns mehr verändern als die Integration von Flüchtenden. Auch das ist keine neue Erkenntnis. Die jüdisch-amerikanische Dichterin Emma Lazarus (1849-1887) verfasste für den Sockel der Freiheitsstatue in New York Verse bedingungsloser Menschlichkeit. Eine "Mutter der Migranten" nannte sie die stolze Fackelträgerin und legte ihr diese Worte in den Mund: "Behaltet den berühmten Tand / und euren Pomp an euren alten Küsten. / Schickt mir stattdessen eure Mittellosen, / die Heimatlosen, hoffnungslos Zerlumpten, / vom Sturm Gebeutelten, die Abgestumpften, / die Müden, die trotzdem nach Freiheit dürsten. / Den Abschaum schickt vom übervollen Strand. / Am Goldnen Tor erheb' ich meine Hand".

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(RP)
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