Kolumne: Gott Und Die Welt "Übelst Weltraum" - die Sprache der Jugend

Die Sprache lebt, vor allem die Sprache junger Menschen. 600 neue Wörter soll es von ihnen geben, die jetzt in einem Buch publiziert wurden. Wer sprachlich verständlich bleiben will, sollte sie schnell auswendig lernen.

Irgendwann muss es dem Menschen leid gewesen sein, all das, was er mit seinen Mithöhlenbewohnern an sonnigen Nachmittagen zu tun gedachte, immer nur mit Blut auf felsige Wände zu malen. Wie die Mammut-Jagd zum Beispiel. Also erfand er die Sprache. Und später auch noch die Schrift. Bis es zur deutschen Sprache kam, dauerte es allerdings noch etliche Hundert Jahre. Das viel spätere Land der Dichter und Denker kam nach ersten Versuchen in der indogermanischen Ursprache erst im 6. Jahrhundert zum Althochdeutschen und nach der zweiten Lautverschiebung dann zu einem Buchstaben-Ergebnis, das wir heute noch mit etwas gutem Willen auch verstehen können.

Soweit die Rudimente unseres Proseminar-Wissens. Nun gibt es wieder einmal ein Phänomen, gegen das die Lautverschiebungen - selbst jene, die sich quer durchs hübsche Benrath ziehen - kaum mehr als linguistische Kinkerlitzchen sind. Denn das neue Kapitel schreibt - die Jugend. Und die spricht mittlerweile dermaßen anders, dass der Langenscheidt-Verlag eingegriffen und die älteren Deutschsprecher mit einem neuen Wörterbuch versorgt hat. Dazu wurden Jugendliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt, die der Sprachgemeinschaft 600 neue Wörter schenkten. Und die wurden für derart relevant erachtet, dass sie in dem Büchlein "100 % Jugendsprache" jetzt auch publiziert wurden. Im Grunde ein Standardwerk, das dazu dient, die sprachlich Zurückgebliebenen (das dürften alle jenseits der 21 sein) upzugraden.

Wer also mithalten will, sollte beherzt eintauchen in die wundersamen 160 Seiten - nach dem vorgegebenen Motto: "Besorg dir'n Leben, party hard und gönn dir!" Wir ahnen vielleicht, was gemeint sein könnte, auch ist ein christlicher Hintergrund hilfreich, einen jungen Menschen zu verstehen, der heute "ordentlich getebarzt" hat. Ebenso nützlich sind Grundkenntnisse der Medienwelt, um von "einlanzen" auf einschleimen zu kommen. Und das "logen" einfach nur natürlich bedeutet und "grumpfen" nörgeln, bleibt mit ein wenig Sinn fürs Lautmalerische gleichsam verständlich. Dagegen gibt es Wortbedeutungen, die an Lateinvokabeln erinnern und die - wie jene Störenfriede unseres Schülerlebens - bloß gelernt werden müssen. Also: Statt "Freund" sagen wir künftig nur noch "Diggah", "Noob" ist ein Versager, "geilo meilo" bedeutet "toll", und wer eine Sache benennen will, die kaum zu glauben ist, bringt mutig "übelst Weltraum" über die Lippen.

Was tun? Entweder die 600 Wörter ganz schnell auswendig lernen oder mit einem dicken roten Stift wieder olle Höhlenwände bemalen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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