Kolumne: Gott Und Die Welt Warum uns die heilige Maria bis heute fasziniert

Die Christen feiern Marias Himmelfahrt, weil sie für eine übermenschlich große Hoffnung des christlichen Glaubens steht: auf den Glauben an das Leben nach dem Tod.

Mia, Marie, Maria - wenige andere Vornamen haben Eltern in den vergangenen 100 Jahren so häufig vergeben wie den der Gottesmutter. 2014 stand der Vorname Mia bundesweit an Platz zwei, 2012 und 2013 sogar an Platz eins der beliebtesten Vornamen. Es ist schon erstaunlich: Da spricht alle Welt davon, dass der Einfluss der großen Kirchen bei uns schwindet, aber ein biblischer Name bleibt über Jahrzehnte angesagt. Übrigens auch unter muslimischen Eltern, da heißt Maria Maryam. Für Christen ist Maria die Heilige schlechthin. Viele beten zu ihr, hoffen auf ihren besonderen Schutz: "Patronin voller Güte, uns alle Zeit behüte", so wird sie besungen.

Schon früh haben Christen die Jungfrau Maria als Gottesgebärerin verehrt, da sie Jesus, den Sohn Gottes, geboren hat. Dieser Glauben fand schnell Eingang in die Lehre der Kirche und prägte zudem die Frömmigkeit der Herzen der Menschen. Papst Pius XII. hat die außerordentliche Bedeutung der Gottesmutter 1950 unwiderruflich hervorgehoben: Maria wurde mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen, erklärte er. Genau das feiern wir heute an Mariä Himmelfahrt.

Marias Himmelfahrt mit Leib und Seele - warum feiern wir das? Vielleicht kommt, um das zu verstehen, auch und vor allem das Herz ins Spiel, das Maria bei vielen Menschen so berührt: Wir Christen glauben, dass Maria eine besonders enge Beziehung zu Gott hat. Maria hat ihr Kind angenommen in dem Wissen, dass es von Gott kommt und Gott selbst einen Plan für das Leben ihres Sohnes hat, und damit für ihr eigenes. Sie war stets nah bei Jesus, innig mit ihm verbunden. Wenn also sie, die Mutter Jesu, nicht im Himmel ist, wer sollte es sonst sein?

Das Fest lenkt unsere Aufmerksamkeit auf eine übermenschlich große Hoffnung des christlichen Glaubens, nämlich auf den Glauben an das Leben nach dem Tod. Maria hat dies schon erfahren. Sie ist als ganzer Mensch, also mit Leib und Seele, in Gott vollendet und lebt bei ihm. Hier liegt sicher etwas von ihrer Faszination begründet, die sich in religiösen und volkstümlichen Bräuchen Bahn bricht und die Beliebtheit des Namens bei werdenden Eltern erklärt.

Eine Frage bleibt: Warum ist es so wichtig, ausdrücklich zu feiern, dass Maria in den Himmel aufgefahren ist? Ist das mit Jesu Auferstehung an Ostern nicht bereits klar genug? Der Festtag Mariä Himmelfahrt soll uns Mut machen, uns auf Gott einzulassen - mit Leib und Seele, eben als normaler Mensch, wie Maria. So vermag dieser Festtag in uns den Glauben und die Hoffnung zu stärken, dass auch wir einst - wie Maria - als ganz normale Menschen, also mit Leib und Seele, bei Gott sein dürfen.

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung. Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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