Kolumne: Gott Und Die Welt Wie man gut übers Wetter mitreden kann

Wetter ist immer, Internet auch. Und so surfen wir munter durchs Netz, um uns bei den Prognosen eine Hoffnung auf den Sommer zu bewahren.

Jetzt, also Ende August, haben wir die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Als sei noch nichts entschieden, als sei der Sommer doch noch denkbar, machbar. Warum sollte es nicht den heißesten Sommer seit Aufzeichnung der Wetterdaten geben? Ein Indian Summer am Niederrhein mit anschließendem goldenem Herbst?

Und so treffen beim leidenschaftlichen Orakeln in diesen Tagen zwei freizeitliche Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen aufeinander: das Reden übers Wetter und das Vagabundieren im Internet.Wetter ist halt immer, das Internet auch. Und so spricht einiges dafür, dass so lebensrettende Portale wie Wetter.de derzeit beliebter sein dürften als Live-Ticker zur Bundesliga.

Spannend sind dann die exegetischen Spielräume, die uns die meteorologischen Daten geben. Was heißt es zum Beispiel bei der an sich überschaubaren Vorhersage für den nächsten Tag, wenn das Regenrisiko bei 42 Prozent liegt, die Niederschlagsmenge 0,1 Liter pro Quadratmeter beträgt, sechs Sonnenstunden annonciert werden und die Wetterlage insgesamt als heiter beschrieben wird? Und das trotz der geografischen Eingrenzung mit Hilfe der Postleitzahl! Wie können lächerliche 0,1 Liter pro Quadratmeter - das ist gerade einmal ein Prosecco - zu Wetterturbulenzen mit 42-prozentiger Regenwahrscheinlichkeit führen?

Ich ahne ja, dass all dies die Claudia Kleinerts dieser Welt mühelos erklären können. Und zugegeben, Wetter.de ist das Portal für Einsteiger. Wer sein Angeberwissen vertiefen will, sollte sich daher auf Agrarwetter.net umtun. Es sei denn, dort sind die Prognosen weitaus schlechter, dann reicht natürlich auch Wetter.de. Sicherer aber dürfte die Profiseite sein, in die man sich ein wenig einlesen muss, dann jedoch die Angaben zur Luftfeuchtigkeit im Stundentakt zu lieben lernt. Keineswegs zu unterschätzen ist ebenso die Bodentemperatur in fünf Zentimeter Höhe. Auch wächst das Interesse an der Nullgradgrenze, die derzeit bei etwa 3300 Metern liegt.

Und wo wir uns schon einmal in die Höhe begeben haben: Theologisch spannend wird eine der letzten Rubriken in den langen Ketten der Erhebungsdaten. Das nämlich ist der Bedeckungsgrad des Himmels. Zwölf Prozent ist praktisch schon ein Strandtag, 100 Prozent geht in Richtung Apokalypse. Aber was machen wir Armen hier auf Erden daraus? Uns bleibt das Gespräch über Regenschirme, wie neulich zwei Damen an der Kasse des Supermarktes.

Hellblau sei die absolute Modefarbe, sagte die Verkäuferin. Aber Sie haben doch nur eine Farbe, bemerkte die Kundin nicht zu Unrecht. Weil die andere ausverkauft ist. Und welche Farbe war das? Grau.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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