Kolumne: Hier In Nrw Bei einer Direktwahl hätte Laschet keine Chance

Die CDU hat nach ihrem desaströsen Wahlergebnis von 2012 wieder aufgeholt und liegt fast gleichauf mit der SPD. Doch mit ihren vortrefflichen Zustimmungswerten befindet sich Hannelore Kraft weiter auf dem Höhenflug.

Es gibt sie doch noch, die gute Nachricht für die nordrhein-westfälische CDU. In letzter Zeit hat der Landesverband mit Parteichef Armin Laschet an der Spitze kaum positive Schlagzeilen produziert. Nun aber zeigt eine neue Umfrage des WDR: Wenn am Sonntag Wahlen wären, käme die Union landesweit auf 35 Prozent - gerade einmal ein Prozentpunkt weniger als die Sozialdemokraten zu erwarten hätten. Das ist recht beachtlich für die NRW-CDU, die 2012 bei der vorgezogenen Landtagswahl für das zermürbende Taktieren ihres damaligen Vorsitzenden Norbert Röttgen mit desaströsen 26 Prozent abgestraft wurde.

Was man auch immer Laschet jetzt vorwerfen mag (und er sich selbst), ihm ist es offenbar gelungen, die Partei aus ihrer Schockstarre zu lösen und sie wieder als politische Kraft zu positionieren. Erstmals in seiner Geschichte hat sich der 1986 gegründete Landesverband zudem mit seinem Grundsatzprogramm soeben einen werteorientierten Kompass für die weitere Arbeit gegeben.

Allerdings gilt es bei allem vorsichtigen Optimismus, der den Landesverband befallen mag, zwei Anmerkungen zu machen: Zum Umfragezeitpunkt haben sich die Notenaffäre und Laschets Steuerproblem noch nicht oder nicht ganz auf die Wahlpräferenzen der Bürger ausgewirkt. Es ist demnach nicht ausgeschlossen, dass sich bei der nächsten Umfrage eine Delle zeigt. Außerdem profitiert der Landesverband (der größte der CDU bundesweit) gewiss vom "Merkel-Effekt".

Dass SPD und CDU bei 36 beziehungsweise 35 Prozent rangieren, entspricht einem Trend, der sich seit Langem abzeichnet: Die Zeit der (nahezu) absoluten Mehrheiten ist vorbei. In den 70er Jahren fuhr die Union in NRW noch 46 Prozent ein, die SPD kam 1990 auf 49,9 Prozent. Solche Traumergebnisse wird es aufgrund des ausdifferenzierten Parteiensystems wohl nie mehr geben.

Also sind die beiden großen Parteien auf Koalitionen angewiesen. Das nährt Spekulationen, wer 2017 nach der Landtagswahl die Regierungsarbeit leisten könnte: Rot-Grün wie bisher, oder Rot-Rot-Grün? Vielleicht Schwarz-Gelb-Grün oder doch eine rote Ampel? Denkbar ist auch, dass es am Ende auf eine große Koalition von SPD und CDU hinausläuft, die es nur in den Anfangsjahren des Landes unter Ministerpräsident Karl Arnold (CDU) gegeben hat.

Laschet kann nur froh sein, dass in NRW der Ministerpräsident nicht direkt gewählt wird. Andernfalls hätte er bei einer Zustimmung von nur 23 Prozent ganz schlechte Karten im Vergleich zu Hannelore Kraft, mit der 65 Prozent zufrieden sind.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort