Kolumne: Hier In Nrw Bizarrer Streit um chinesischen Stahl

Die Düsseldorfer Stahl-Lobby agitiert gegen den Einsatz chinesischen Stahls bei der Reparatur der Autobahnbrücken in NRW. Die Landesregierung tut gut daran, diesen protektionistischen Bestrebungen weiterhin keine Beachtung zu schenken.

In Nordrhein-Westfalen tobt gerade eine bizarre Scheindebatte um chinesischen Stahl. Die Düsseldorfer Stahlbau-Lobby, insbesondere der Verband Bauforumstahl, setzt sich bei der Landesregierung massiv dafür ein, dass bei der Reparatur der Autobahnbrücken auf der A1 und der A40 kein chinesischer Stahl zum Einsatz kommt. Der sei von minderer Qualität, lautet das vernichtende Urteil der Interessenvertreter.

Die Landesregierung lässt sich davon bisher nicht beeindrucken, und sie tut gut daran. Die vorgeschobenen Bedenken der Lobbyisten sind ein klarer Fall von Protektionismus. Immerhin gewann der österreichische Baukonzern Porr den Auftrag im Rahmen einer regulären öffentlichen Ausschreibung nach Bundes- und EU-Recht.

Umso unerfreulicher ist, dass die Bestrebungen der Stahl-Lobby zudem noch von einer gewissen Überheblichkeit zeugen. Das hat in der Stahlindustrie leider Tradition. Es ist noch nicht lange her, da tönte der frühere Thyssenkrupp-Chef Ekkehard Schulz, er habe keine Angst vor chinesischem Stahl. Die Qualität sei minderwertig und mit deutschen Produkten sowieso nicht zu vergleichen. Andere Stahlmanager äußerten sich damals ähnlich.

Inzwischen haben die Chinesen den Europäern und Amerikanern im globalen Stahlmarkt längst den Rang abgelaufen.Wie erbittert in der Stahlindustrie mittlerweile um Marktanteile gerungen wird, zeigen die vielen wechselseitigen Dumping-Vorwürfe, die weltweit erhoben werden.

Denn in den vergangenen fünfzehn Jahren bauten die Chinesen ihre Stahlindustrie massiv aus. Viele neue und moderne Anlagen sind entstanden, die in puncto Umweltfreundlichkeit und Stahlqualität hiesigen zum Teil überlegen sind. Manch westlicher Stahlkonzern investierte nämlich in diesem Zeitraum nur das Nötigste in seine jahrzehntealten Hütten.

Einer der größten Lieferanten chinesischer Stahlanlagen ist übrigens der deutsche Konzern SMS mit Sitz in Düsseldorf. Indem die Chinesen in Deutschland Stahlwerke bestellten, sicherten sie also auch Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen.

Wenn die Stahlbau-Lobby sich weiterhin darauf konzentriert, Konkurrenz zu verhindern, statt in moderne Technologien zu investieren, könnte es der Branche bald so ergehen wie der Autoindustrie: Weil China den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor vorbereitet und strenge Regularien einführt, sollen einige neue Fahrzeugtypen deutscher Hersteller dort nicht mehr zugelassen werden.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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