Kolumne: Hier In Nrw Sperrklausel würde Nazis draußen halten

Die Anfrage der "Rechten" in Dortmund hat große Empörung ausgelöst. Sie will wissen, wo in der Stadt überall Juden leben. Das schreit nach einer Wahl-Hürde.

Es gibt schauerliche Nachrichten, die man zunächst nicht für möglich hält. Wenn sie sich aber doch als zutreffend erweisen, kann es einem schon eiskalt den Rücken runterlaufen. Mir ist es in der vergangenen Woche so ergangen, als bekannt wurde, dass ein Ratsmitglied der Dortmunder "Rechten" von der Verwaltung schriftlich wissen wollte, wie viele Juden es in der Stadt gibt und in welchen Bezirken sie wohnen.

Dieser ungeheuerliche Vorgang, den die Rechtsextremen als "harmlose Anfrage" herunterzuspielen versuchen, weckt böse Erinnerung an das schlimmste Kapitel deutscher Geschichte. Der Vorsitzende der NRW-Grünen, Sven Lehmann, brachte es zutreffend auf den Punkt: Von dieser Anfrage bis zur Wiedereinführung des Judensterns sei der Weg nicht weit.

Nun muss man wissen, dass der Fragesteller, Dennis Giemsch, als einziges Mitglied für "Die Rechte" im Dortmunder Rat sitzt. Er ist für Siegfried Borchardt nachgerückt, der auch als "SS-Siggi" oder "SA-Siggi" von sich reden gemacht hat.

Wenn solche Leute Auskünfte über die jüdischen Mitbürger verlangen, dann schwant einem nichts Gutes. Der Gipfel der Heuchelei: Giemsch, der sich auch schon einmal für die Rehabilitation von Holocaust-Leugnern eingesetzt hat, rechtfertigt seine empörende Anfrage mit dem scheinheiligen Hinweis, dass es ihm um einen "angemessenen Umgang mit allen Religionen" gehe.

"Die Rechte" gilt als Sammelbecken für die Mitglieder der 2012 verbotenen rechtsradikalen Gruppe "Nationaler Widerstand Dortmund", der auch Giemsch angehörte. Am Abend der Kommunwahl vom 25. Mai machte die "Rechte", die bei der Wahl ein Prozent der Stimmen erzielte, bundesweit negative Schlagzeilen, als Randalierer unter Beteiligung von "SS-Siggi" das Dortmunder Rathaus stürmen wollten.

Es wird höchste Zeit, dass die Landespolitik endlich Konsequenzen zieht. Rechtsextreme Splittergruppen wie die "Rechte", die meint, den demokratischen Staat "aufmischen" und ihn zu ihren durchsichtigen Zwecken missbrauchen zu können, muss der Zugang zu den kommunalen Räten verwehrt werden. Die von SPD, CDU und Grünen in NRW aktuell wieder diskutierte Hürde von drei Prozent dürfte dafür der richtige Weg sein.

Da aber der NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster (zu Recht) hohe Auflagen an eine solche Sperrklausel geknüpft hat, sollte die Drei-Prozent-Hürde verfassungsrechtlich abgesichert werden. Einen Präzedenzfall gibt es bereits in Berlin. Die CDU sollte sich nicht länger zieren, sondern mit Rot-Grün darauf hinarbeiten, dass der elenden Zersplitterung in den Räten - in Dortmund sind es elf Parteien, Grüppchen und Einzelvertreter - künftig ein Riegel vorgeschoben wird.

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(RP)
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